Johannes Kalitzke
„Chasse Royale“ – Ein Schattenwurf aus der Oper „Molière oder Die Henker der Komödianten“ für Orchester
Hans Winterberg
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1
Leonid Hrabovsky
Sinfonische Fresken nach Bildern von Boris Prorokov für Orchester
(Deutsche Erstaufführung)
Johannes Kalitzke
Dirigent
Johannes Kalitzke - Dirigent
Geboren in Köln, studierte Johannes Kalitzke dort Kirchenmusik, Klavier (Aloys Kontarsky), Dirigieren (Wolfgang von der Nahmer) und Komposition (York Höller). Ein Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes ermöglichte ihm einen Studien-aufenthalt in Paris am Institut IRCAM. Dort war er Schüler von Vinko Globokar, zugleich in Köln von Hans Ulrich Humpert (elektronische Musik). Sein erstes Engagement als Dirigent führte Johannes Kalitzke 1984 an das Musiktheater im Revier Gelsenkirchen, wo er zunächst als Kapellmeister, dann von 1988-90 als Chefdirigent wirkte.
1991 wurde er künstlerischer Leiter und Dirigent der von ihm mitbegründeten musikFabrik NRW (heute Ensemble Musikfabrik), des Landesensembles von Nordrhein-Westfalen. Johannes Kalitzke ist heute als Dirigent wie als Komponist international gefragt und regelmäßig Gast bei Ensembles (Klangforum Wien, Collegium Novum Zürich, Ensemble Modern) und zahlreichen Sinfonieorchestern, u.a. denen des NDR, der BBC, des SWR, des MDR, des HR, des BR, dem DSO Berlin, sowie dem RSO Wien. Dazu kommen Opernproduktionen, u.a. an der Staatsoper Unter den Linden, der Stuttgarter Oper, der Komischen Oper Berlin, den Wiener Festwochen, der Münchner Biennale, dem Nationaltheater Mannheim, dem Theater an der Wien, dem Theater Basel und den Salzburger Festspielen. Tourneen nach Russland, Japan und Amerika sowie zahlreiche CD-Aufnahmen ergänzen seine Tätigkeit als Interpret klassischer und zeitgenössischer Musik. Als Komponist erhielt Kalitzke wiederholt Aufträge für die SWR Donaueschinger Musiktage, das Ultraschall Berlin und die Wittener Tage für neue Kammermusik sowie von zahlreichen Rundfunkorchestern. Weiters entstand im Auftrag der Augsburger Philharmoniker im Jahr 2011 eine Stummfilm-Orchestermusik für den Film Die Weber (1927). Kalitzkes erstes Musiktheaterstück, der Bericht vom Tod des Musikers Jack Tiergarten, war Beitrag der Münchner Biennale 1996. Seine zweite Oper, Molière oder die Henker des Komödianten, eine Auftragsarbeit für das Land Schleswig-Holstein, wie auch seine dritte Oper, Inferno nach Peter Weiss, wurden am Theater Bremen uraufgeführt. Eine Oper nach dem Roman Die Besessenen von Witold Gombrowicz wurde vom Theater an der Wien 2010 uraufgeführt. Im Februar 2016 wurde seine neueste Oper Pym – nach dem Roman von Edgar Allen Poe – am Theater Heidelberg uraufgeführt. Zu seinen Lehrtätigkeiten zählen Ensembleseminare an der Folkwanghochschule Essen und Hannover, die Leitung des Ensembleforums bei den Darmstädter Ferienkursen, Leitung des Dirigentenforums für Ensemblemusik des Deutschen Musikrates, Dirigentenkurse an der Sommerakademie Salzburg, der Reina-Sofía-Musikschule Madrid und der Musikhochschule Zürich. Im Jahr 2015 wurde er als Professor an die Hochschule Mozarteum Salzburg berufen. Kalitzke erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den „Bernd-Alois-Zimmermann-Preis“ der Stadt Köln und für das Jahr 2003 das Stipendium für die Villa Massimo, Rom. Seit 2009 ist er Mitglied der
Akademie der Künste in Berlin und seit 2015 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
Derzeit beschäftigt er sich weiter schwerpunktmäßig mit Orchestermusiken für den
expressionistischen Stummfilm, unter anderem als Auftrag für die Wittener Tage für Neue
Kammermusik und den Carinthischen Sommer.
Jonathan Powell
Klavier
Jonathan Powell - Klavier
Jonathan Powell debütierte im Alter von 20 Jahren im Purcell Room in London, widmete sich aber im folgenden Jahrzehnt vor allem der Komposition (seine Werke wurden vom Arditti Quartet, der London Sinfonietta und Nicolas Hodges aufgeführt) und der Musikwissenschaft (sein Doktortitel beschäftigt sich mit dem Einfluss Skrjabins). Anschließend absolvierte er ein intensives Klavierstudium bei Sulamita Aronovsky (zuvor war er in seinen späten Teenagerjahren von Denis Matthews angeleitet worden), was zu einer Verlagerung des Schwerpunkts hin zur Darbietung führte. Es folgten eine Reihe von CD-Aufnahmen und internationalen Engagements. Er ist ein leidenschaftlicher Verfechter der Musik der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, insbesondere aus Russland und Osteuropa, ist aber auch ein Befürworter der zeitgenössischen Musik und hat Werke von Dufourt, Ambrosini und anderen uraufgeführt. Sein Repertoire umfasst auch viel Standardmaterial (Beethoven, Schubert, Chopin, Schumann). Im Jahr 2009 gab er die erste seiner zahlreichen Aufführungen der zehn Sonaten Skrjabins. Im Jahr 2013 tourte er mit Messiaens Vingt regards sur l’enfant Jésus und Albeniz’ Iberia, während 2015 zahlreiche Aufführungen von Beethovens Hammerklaviersonate und Regers Bach-Variationen stattfanden. Zu den jüngsten Aktivitäten gehören eine Tour durch das gesamte Klavierwerk von Xenakis und 2017 Liszts Sonate, Stockhausens Klavierstücke und mehrere Aufführungen von Sorabjis Opus clavicembalisticum. Im Jahr 2018 gab er sechs Aufführungen von Schostakowitschs 24 Präludien und Fugen.
Solokonzerte führten ihn zum Festival Radio France Montpellier, in die Elbphilharmonie (ausverkauft), zu den Raritäten der Klaviermusik am Schloss vor Husum, zum Vredenburg Muziekcentrum in Utrecht, quer durch die USA, zur Musica Sacra in Maastricht, zur Reihe Fundación BBVA in Bilbao und das Moskauer Konservatorium. In den letzten Jahren sendete er für Radio Frankreich, Radio Niederlande, Radio Deutschland Kultur, die BBC und den Tschechischen Rundfunk. Er ist ein herausragender Künstler in der Jacqueline du Pré-Halle in Oxford, gibt drei jährliche Konzerte und unterrichtet und leitet Workshops für Studenten. Seit seiner Gründung im Jahr 2007 ist er außerdem jedes Jahr beim Indian Summer in Levoča Festival (Slowakei) als Rezitalist, Kammermusiker und Solist mit Orchester aufgetreten. Zuletzt gab er Meisterkurse in Kattowitz, Brünn, Oxford, London, Dänemark, Seattle und Darmstadt. Im Mai 2020 gewann er den Preis der Deutschen Schallplattenkritiken für seine Aufnahme von Sorabjis Sequentia cyclica. Seine umfangreiche Diskographie umfasst Solo-Klavierwerke und ein konzertantes Stück von Morgan Hayes (auf NMC) sowie zwei Bände mit John Whites Klaviersonaten für Convivium.
In den Jahren nach 2005 kam es zu einem erheblichen Rückgang der Kompositionstätigkeit, da die Vorbereitung und Reisen für intensive Konzertpläne an Bedeutung gewannen. Auf eine Sonate (2010) für Violine und Klavier folgte neun Jahre Stille. Im Sommer 2019 komponierte Powell einen anspruchslosen Zyklus von Klavierminiaturen – Zagórów and Other Places – den er in Danzig, Brünn und Kattowitz aufführte. Im Sommer 2020 komponierte er eine umfangreichere Partita für Soloklavier, die er anlässlich seines 50. Geburtstags seinem Freund, dem Komponisten und Pianisten Christophe Sirodeau, widmete.
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Ans Licht!
Komponisten, die ihre eigenen Werke präsentieren, gehören seit den 1920er-Jahren zu den Markenzeichen des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin. Johannes Kalitzke erfüllt aktuell die Doppelfunktion auf exemplarische Weise, ist er doch darüber hinaus ein engagierter Interpret auch jener entdeckenswerten Werke, die andere Kollegen komponiert haben. Leonid Hrabovsky lebt heute in den USA. Um der deutschen Erstaufführung seiner Sinfonischen Fresken über Motive aus Tuschezeichnungen von Boris Prorokov beizuwohnen, reist der 88-jährige Ukrainer eigens nach Berlin. Unter dem beklemmend aktuellen Titel „Das darf nie wieder passieren“ erklingen die sieben emotionalen Orchesterstücke, die nach der umstrittenen Uraufführung 1961 in der früheren Sowjetunion so gut wie totgeschwiegen worden sind.
Nicht weniger spannend und über Jahrzehnte ebenso unterdrückt von politischen Machenschaften entpuppt sich die Musik des 1901 in Prag geborenen jüdischen Komponisten Hans Winterberg. Seit wenigen Jahren kommt Winterberg hochverdient im Musikleben an. Johannes Kalitzke hat 2021 im Studio mit dem Pianisten Jonathan Powell und dem RSB u.a. das Klavierkonzert Nr. 1 für Deutschlandfunk Kultur aufgenommen. Nun erklingt es erstmals live.
Das Konzert wird am 21.12.2023 20.03 Uhr auf Deutschlandfunk Kultur übertragen.
Das Konzert findet ohne Pause finden.