Digitales Programm

Do 30.11. Italienische Operngala

20:00 Konzerthaus Berlin

Arien und Ensembles aus Opern von Giuseppe Verdi und Giacomo Puccini

Besetzung

Carlo Montanaro, Dirigent

Joyce El-Khoury, Sopran

Jonathan Tetelman, Tenor

Artur Rucinski, Bariton

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin

Programm

Giuseppe Verdi

„La forza del destino“ – Ouvertüre

Giuseppe Verdi

„Un Ballo in Maschera“ 2. Akt. Szene und Arie der Amelia
„Ecco l'orrido campo“
„Ma dall'arido stelo“

Giuseppe Verdi

„Un Ballo in Maschera“ - 2. Akt. Duett der Amelia und des Riccardo
„Teco io sto“
„Gran Dio!“

Giuseppe Verdi

„Un Ballo in Maschera“ - 3. Akt. Szene und Arie des Renato
„Alzati! Là tuo figlio a te concedo riveder“
„Eri tu che macchiavi quell'anima“

Giuseppe Verdi

„Macbeth“ - 4. Akt. Arie des Macduff
„O figli miei… Ah, la paterna mano“

Giuseppe Verdi

„Nabucco“ - Ouvertüre

Giuseppe Verdi

Terzetto Leonora, Manrico und Conte di Luna aus dem 1. Akt von “Il Trovatore”
„Tace la notte!”
„Deserto sulla terra”
„Infida!...Qual voce!”

Pause

Giacomo Puccini

Intermezzo aus dem 3. Akt
„Manon Lescaut“

Giacomo Puccini

„La Fanciulla del West” - 1. Akt. Szene der Minnie und des Jack Rance
„Ti voglio bene, Minnie"
„Minnie, dalla mia casa son partito"

Giacomo Puccini

„Tosca” - 1. Akt. Arie des Cavaradossi
„Recondita armonia”

Giacomo Puccini

„Tosca” 1. Akt. Duett der Tosca und des Cavaradossi
„Mario! Mario! Mario!”
„Ah, quegli occhi…"
„Qual occhio al mondo può star di paro"

Giacomo Puccini

„Tosca” 2. Akt Arie der Tosca
„Vissi d’arte“

Giacomo Puccini

„Le Villi”
„La Tregendai”, der Hexentanz

Giacomo Puccini

„La Bohème" 4. Akt Duett des Rodolfo und des Marcello
„In un Coupé?"
„O Mimi, tu più non torni"

Giacomo Puccini

„Turandot" - 3. Akt Arie des Calaf
„Nessun dorma"

Über die Komponisten

„… Die Liebe ist aber nicht dieselbe in Bologna und Königsberg; in Italien ist sie sehr viel lebhafter, ungeduldiger, hitziger und lebt weniger von der Einbildung. Sie bemächtigt sich nicht allmählich und für immer aller Seelenkräfte; sie nimmt sie im Sturm gefangen. Sie ist eine Raserei; und diese kann nicht melancholisch sein, denn sie ist das Übermaß aller Kräfte. …“ (Stendhal)

Italianità!

Willkommen im Land der Leidenschaften! Willkommen im Hort der Musik, willkommen in Italien! Florenz, Venedig, Rom, Mailand, Neapel – das sind magische Magnete für Musikmenschen. Vom Postkutschenzeitalter bis zum Postkartenzeitalter galt Italien als das Gelobte Land für Musiker. Alles schien es seit dem 16. Jahrhundert zuerst in Italien gegeben zu haben: hinreißende Stimmen (kein Städtchen ohne blühendes Opernleben), virtuose Instrumentalisten (Vivaldi, Corelli & Co.), brillante Musikinstrumente (Stradivari, Guarneri & Co.), raffinierte Opernkomponisten (Monteverdi, Cimarosa & Co.), hervorragende Ausbildung, verständige Fürsten, der Musik geneigte Geistlichkeit. Händel rekrutierte hier das Personal für seine Londoner Opernunternehmen, Mozart war bestens in Italien vernetzt, versuchte mehrfach, beruflich dort Fuß zu fassen.

Fast alle Musiker aus Sachsen, Böhmen, Bayern nahmen ihren Karriereweg über Italien. Und wer nicht aus dem Norden über die Alpen reiste, ließ sich berichten und beliefern mit Noten, Instrumenten, Ideen.

Nicht zuletzt hat Italien über mehr als zwei Jahrhunderte die internationale Opernszene mit immer neuen Facetten bereichert: Opera seria, Opera buffa, Melodramma tragico, Belcanto, Verismo.

Viva Verdi!

Mitte des 19. Jahrhunderts erschallt auf den Straßen Italiens der Ruf „Viva Verdi!“

Der große Komponist ist buchstäblich in aller Munde. Und mit ihm eine mächtige politische und soziale Bewegung, die den Nationalstaat als Rechtsform für Italien anstrebt.

Das Risorgimento (Wiedererstehung) soll die unabhängige Einigung der freien Fürstentümer und Regionen Italiens unter Vittorio Emanuel II, damals König von Sardinien-Piemont, erreichen. „Viva Verdi“ heißt demnach auch „Viva Vittorio Emanuele Re d’Italia!“ Als 1861 Vittorio Emanuel II zum König von Italien gekrönt wird, teilt er den Jubel im Land mit dem Komponisten und Senator Giuseppe Verdi, der mit hochexpressiver und „staatstragender“ Musik dem italienischen Nationalbewusstsein aufgeholfen habe wie kein anderer.

Sechsundzwanzig Opern hat Verdi binnen fünf Jahrzehnten komponiert, eine ergreifender als die andere. Kompromisslos huldigt er der Musik in einer Weise, die aus dem Zuhörer ein hilflos mitgerissenes Blatt im urgewaltigen Orkan der Klänge macht – damals wie heute. Aus schier unhörbarem Stammeln erblüht der großartigste Gesang, auf ohrenbetäubende orchestrale Eruptionen folgt intimste keusche Kammermusik.

Hin- und hergerissen zwischen den Emotionen, lauschen wir Verdi: atemlos, sprachlos, euphorisch jubelnd und zu Tode entsetzt – im Opernhaus, in der Kirche und im Konzertsaal.

„Jede Musik hat ihren Himmel“

Verdis salomonische Verquickung von Musik und Himmel weckt Assoziationen an die Sonne des Südens, den klaren, blauen Himmel über „bella Italia“. Unter solchen Bedingungen scheinen nicht zuletzt die menschlichen Emotionen schneller und heftiger aufzuflammen als im Nebel und Dauergrau mancher nördlicherer Gefilde.

Das gilt ungebrochen weiter auch im Zeitalter nach Verdi. Aus der französischen Literatur greift am Ende des 19. Jahrhunderts ein ästhetischer Sturm auf die italienische Musik über. Die Dichter Charles Baudelaire, Victor Hugo und Émile Zola halten den Finger unbarmherzig in gesellschaftliche Wunden, geben dem Hässlichen ein Gesicht und eine Bühne, um die ungeschminkte soziale Wahrheit alltäglicher Charaktere auszusprechen. Das Italien des Risorgimento identifiziert sich: national, naturalistisch und antibürgerlich.

Eine junge Generation von Komponisten fühlt sich angesprochen, als 1883 der Mailänder Verleger Edoardo Sonzogno einen Kompositionswettbewerb ausschreibt, der auf Anhieb zu einer neuen Opernszene führte. Der Verismo ist geboren. „Es ist nicht zu viel gewagt, wenn man behauptet, dass in den veristischen Opern kaum mehr Morde vorkommen als in anderen Opern, und auch wenn mehr kleine Leute die Libretti der veristischen Opern bevölkern, so treten doch nicht mehr Dirnen, Säufer, Mörder und andere aus bürgerlicher Sicht asoziale Elemente in ihnen auf als in Opern früherer Zeiten. Der Unterschied liegt woanders.

Der Mord Don Giovannis am Komtur in Mozarts Oper hat eine unmittelbare musikalische Konsequenz. Die Beteiligten kommentieren singend die Tat und die aus ihr resultierende Situation. Durch ihre fast ausschließliche, vor allem aber wesentlich musikalische Reaktion heben sie das Geschehen gleichsam aus der Realität in die Musik und die Kunstform Oper empor.

Der Sterbende wird im Gesang verklärt, das Schreckliche der Tat im wahrsten Sinne des Wortes in Harmonie aufgelöst. Nicht anders ist es, wenn Posa im ‚Don Carlos‘ stirbt oder Gilda im ‚Rigoletto‘.

In den veristischen Opern ist das anders, und wie es scheint, liegt hier der Kernpunkt des musikalischen Verismo. Ermordete brechen zusammen, Sterbende verlöschen, sie singen nicht noch einmal, der Schwanengesang ist ihnen verwehrt. ... Das Schreckliche erfährt keine Harmonisierung durch Musik. Das Geschehen wird nicht in die Kunstform Oper aufgenommen, es bleibt unintegriert und ragt als solches wie ein Stück tatsächlicher Wirklichkeit in die Kunst hinein.“ (Egon Voss, „Verismo in der Oper“, in: „Die Musikforschung“, 1978)

Nessun dorma – niemand schlafe!

Auch wenn Giacomo Puccini nicht direkt dem populären Verismo zuzuordnen ist, so stehen die meisten seiner zwölf Opern doch unter dem prägenden Einfluss dieser Entwicklung.

In der Musik des legitimen Nachfolgers von Giuseppe Verdi innerhalb der italienischen Oper verkörpert sich das in noch einmal gesteigerten Extremen der menschlichen Leidenschaften. Die emotionale Ausweglosigkeit mancher Personenkonstellationen ist so lebensnah und dem eigenen Fühlen verwandt, dass Puccinis Opernfiguren zu verhängnisvoll echten Projektionsflächen für Beziehungskonflikte geworden und geblieben sind, bis in die Gegenwart.

Die kongeniale Musik des zutiefst psychologisch agierenden Musikers lässt sich nur mit dem Herzen begreifen. Vom Hexentanz in „Le Villi“ über die subtile Klangzeichnung der großartigen Frauenfiguren Manon, Mimi, Cio Cio-San, das Mädchen aus dem goldenen Westen bis hin zum ergreifenden Schicksal der Suor Angelica, der Schockkonfrontation von Giorgetta im Einakter „Il tabarro“ (Der Mantel) und der wunderbaren Wandlung der männermordenden Turandot breitet Giacomo Puccini alles andere als einen Mantel des Schweigens. Mit sicherem musikalischem Gespür sucht er immerfort und überall die so himmelsstürmende wie zerstörerische Kraft der Liebe.

Kurzbiographien

Carlo Montanaro

Der italienische Dirigent Carlo Montanaro, Gründer von OperaWebinar und von 2011 bis 2014 Musikdirektor am Teatr Wielki in Warschau, wurde von Zubin Mehta entdeckt, der ihn an die Hochschule für Musik in Wien empfahl, wo er drei Jahre lang seine Fähigkeiten unter Leopold Hager, Erwin Acél und Yugi Yuasa verbesserte.

Seit 2001 dirigiert Montanaro Opern und Konzerte an großen Häusern wie dem Teatro dell’Opera in Rom, dem Teatro Massimo in Palermo, der Fondazione Arena in Verona, der Deutschen Oper in Berlin, dem Teatro Comunale in Florenz, der Fondazione Arturo Toscanini in Parma und dem Teatro Verdi in Triest (eine Zusammenarbeit, die zu einer Japan-Tournee mit dem Orchester führte). Zu den Titeln gehören Lucia di Lammermoor, Nabucco, Aida, Tosca, La Sonnambula, Il Barbiere di Siviglia, Madama Butterfly und La Bohème.

Joyce El-Khoury

 Die im Libanon geborene und in Kanada aufgewachsene Sopranistin Joyce El-Khoury hat mehr als 30 Hauptrollen an den großen Opernhäusern der Welt gesungen.    Frau El-Khourys Saison 2023/2024 beginnt mit Liszts Sardanapalo beim LisztFest in Budapest. Joyce gibt in dieser Saison zwei Verdian Rollendebüts, darunter die Elisabetta in Verdis Don Carlo in einer neuen Produktion an der Opéra de Monte-Carlo und die Amelia in Verdis Simon Boccanegra an der Finnish National Opera & Ballet. Zusätzlich kehrt Joyce in dieser Saison für Aufführungen von La Reine Garçon an der Opéra de Montréal nach Kanada und für Aufführungen von Tosca mit dem New National Theatre Tokyo nach Tokio zurück. Auf der Konzertbühne wird sie zusammen mit dem Tenor Jonathan Tetelmann und dem Bariton Artur Rucinski eine italienische Operngala mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester in Berlin geben, die Rolle der Zoraya in Camille Erlangers La Sorcière in einem Konzert mit der Ascanio Association in Genf debütieren und sich mit Serouj Kradijian für ein Konzert in Toronto zusammenfinden, das von Joyce' libanesischer Herkunft inspiriert ist. Zukünftige Spielzeiten umfassen internationale Opern- und Konzert Engagements unter anderem in Genf, Dallas, Rouen, Paris und Montpellier.

Jonathan Tetelman

Jonathan Tetelman gilt als einer der aufregendsten Nachwuchsstars der Gegenwart und wird für seine „stimmlich großartige, strahlende und unverwechselbare Tenorstimme“ (Opera Aktuell) gelobt. Der in Chile geborene und in New Jersey aufgewachsene Tenor steht auf den Bühnen renommierter Häuser mit weltbekannten Orchestern und zeigt sein Können in „dunkel gefärbtem Tenortimbre“ (SZ) und mit „balsamischem Schwung“ (Der Tagesspiegel).
Jonathan Tetelman ist Exklusivkünstler der Deutschen Grammophon und nahm für sein Debütalbum „Arias“ (August 2022) gemeinsam mit dem Orquesta Filarmónica de Gran Canaria und dessen Chefdirigenten Karel Mark Chichon Verdi- und Versimo-Arien, eine Auswahl aus dem lyrischen französischen Repertoire und Duette mit der litauischen Sopranistin Vida Miknevičiûtė, auf. Sein zweites Album „The Great Puccini“ erscheint am 29. September 2023 und enthält berühmte Arien aus neun Puccini Opern, darunter „Nessun dorma“, „Che gelida manina“ und „E lucevan le stelle“. Für sein 2022 veröffentlichtes Album „Arias“ erhält Jonathan Tetelman den Opus-Klassik in der Kategorie Nachwuchskünstler des Jahres 2023.

Artur Rucinski

Der Bariton Artur Ruciński gehört zu einer ausgewählten Gruppe von polnischen Opernsängern, die in den letzten Jahren zu internationalem Ruhm gelangt sind.

Der gebürtige Warschauer studierte an der Musikhochschule und baute sein Repertoire bei Auftritten mit der Warschauer Kammeroper und am Teatr Wielki – Polnische Nationaloper in Warschau auf, wo er 2002 in der Titelrolle von Eugen Onegin debütierte, über den das Polish Music Journal berichtete: „… Artur Rucińskis schöner Gesang und seine lyrische Qualität waren der Höhepunkt des Abends“. Bald folgten Einladungen, mit Valery Gerghiev Prinz Jelecky in Pique Dame, die Titelrolle in Onegin und Valentin in einer neuen Robert-Wilson-Produktion von Faust zu singen.
Artur Ruciński widmet einen Teil seines vollen Terminkalenders Konzertauftritten und Auftritten in Rundfunk und Fernsehen beim Warschauer Festival, in Paris, Oslo, Dresden, Wien und Berlin, um nur einige zu nennen, und singt dabei Repertoire von Händels Messias bis zu Pendereckis Lukas-Passion. Das Gedenkkonzert von Gdansk mit Brittens War Requiem unter Neville Marriner fand große Beachtung.

The RSB in the Philharmonie Berlin, Photo: Peter Meisel

RSB-Abendbesetzung

Violine 1

Ofer, Erez
Nebel, David
Herzog, Susanne
Neufeld, Andreas
Bondas, Marina
Drechsel, Franziska
Kynast, Karin
Morgunowa, Anna
Feltz, Anne
Polle, Richard
Behrens, Susanne
Oleseiuk, Oleksandr
Scilla, Giulia
Kang, Jiho

Violine 2

Contini, Nadine
Simon, Maximilian
Petzold, Sylvia
Draganov, Brigitte
Eßmann, Martin
Buczkowski, Maciej
Manyak, Juliane
Hetzel de Fonseka, Neela
Bauza, Rodrigo
Färber-Rambo, Juliane
Seidel, Anne-Kathrin
Bara, Anna
Leung, Jonathan

Viola

Regueira-Caumel, Alejandro
Zolotova, Elizaveta
Drop, Jana
Doubovikov, Alexey
Montes, Carolina
Nell, Lucia
Inoue, Yugo
Yoo, Hyelim
Burmeister, Daniel
Yu, Yue

Violoncello

von Gutzeit, Konstanze
Riemke, Ringela
Weiche, Volkmar
Albrecht, Peter
Weigle, Andreas
Bard, Christian
Kipp, Andreas
Trost, David

Kontrabass

Wömmel-Stützer, Hermann
Figueiredo, Pedro
Rau, Stefanie
Schwärsky, Georg
Ahrens, Iris
Zon, Jakub

Flöte

Lerch, Robert
Kronbügel, Annelie
Schreiter, Markus

Oboe

Grube, Florian
Herzog, Thomas

Klarinette

Kern Michael
Pfeifer, Peter
Korn, Christoph

Fagott

You, Sung Kwon
Königstedt, Clemens
Sih, Yu-Tung

Horn

Kühner, Martin
Holjewilken, Uwe
Mentzen, Anne
Stephan, Frank

Trompete

Jansky, Lorenz
Dörpinghaus, Peter
Niemand, Jörg
Gruppe, Simone

Posaune

Manyak, Edgar
Hauer, Dominik
Lehmann, Jörg

Tuba

Neckermann, Fabian

Harfe

Edenwald, Maud
Williams, Anne

Schlagzeug

Tackmann, Frank
Thiersch, Konstantin
Azers, Juris

Pauke

Wahlich, Arndt

Celesta

Inagawa, Yuki

Bild- und Videoquellen

Portrait Joyce El-Khoury © Heather Elizabeth Media
Portrait Artur Rucinski © Karpati & Zarewicz
Portrait Jonathan Tetelman © Ben Wolf
Bilder Probe und Orchester © Peter Meisel