Digitales Programm

Fr 01.03. Mensch, Musik #8 „Zufällig FREI“

19:30 Haus des Rundfunks

Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)

„Mein Herze schwimmt im Blut“ – Kantate Nr. 199 für Sopran, Oboe, zwei Violinen, Viola und Basso continuo BWV 199 (Weimarer Fassung, 1712, mit neuem Text von tauchgold)

Gideon Klein (1919 – 1945)

Partita für Streichorchester (nach dem Streichtrio, 1944)

Renée T. Coulombe

“I haunt three ghosts” (2024)

Arthur Honegger (1892 – 1955)

„Pacific 231“ – Mouvement symphonique N° 1

Sara Abazari (geb. 1976)

„De Profundis“ für Orchester

Erik Satie (1866 – 1925)

„Parade“ – Ballettmusik (Ausschnitt)

Arvo Pärt (geb. 1935)

„Cantus in memoriam Benjamin Britten“ für Streichorchester und Glocke

 

Bas Wiegers, Dirigent

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin

Philipp Mathmann, Countertenor

Gustavo Llano, Choreographie und Tanz

Renée T. Coulombe, Digital audio and live piano

Inka Löwendorf, Schauspielerin

Hannah Wendel, Inspizienz

tauchgold, Text, Konzept und Realisation

Catalyst – Institute for Creative Arts and Technology, Kooperationspartner

Mensch, Musik! #8 - Zufällig FREI

Zufällig am richtigen Ort geboren?
Zufällig das Glück gehabt, sich von klein auf ungestört der Liebe zur Musik widmen zu können?
Wie frei sind Kunst und Musik?
Wann bin ich, wann sind wir frei?
Was darf, was muss, was wird die Freiheit kosten – mich, dich, uns?

Unsere ach so geliebte Freiheit? Nur ein zufälliges Geschenk der Geschichte? – Konzipiert, geschrieben und inszeniert von tauchgold greift Mensch, Musik #8 „Zufällig FREI“ diese Frage von anderer Richtung auf:
Wie können Musik und Kunst die Abwärtsbewegung des Freiheitswillens selbst noch angesichts direkter Bedrohung umwenden?
Wie kann der schöpferische Eros dem Zerstörungstrieb Einhalt gebieten?
Und was geschieht, wenn ich Schuld und Buße vor Gott durch Liebe und Verantwortung vor dem/der Anderen ersetze?

Unter der Leitung des niederländischen Dirigenten Bas Wiegers überschreitet das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin erneut die Grenzen der sinfonischen Musik, indem es Künstler:innen einlädt, die Grenzen klassischer Aufführungspraxis zu verschieben – diesmal mit Werken von Komponisten, denen Freiheit aus zufälligen Gründen geschenkt oder versagt war. Sie alle – Komponist:innen und ihre Werke – verbindet die Frage: Wann bin ich frei und was bedeutet Freiheit für mich?

Programm

Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)

„Mein Herze schwimmt im Blut“ – Kantate Nr. 199 für Sopran, Oboe, zwei Violinen, Viola und Basso continuo BWV 199 (Weimarer Fassung, 1712, mit neuem Text von tauchgold)

„Mein Herze schwimmt im Blut“

„Stumme Seufzer, stille Klagen“

Gideon Klein (1919 – 1945)

Partita für Streichorchester (nach dem Streichtrio, 1944)

2. Satz: Lento

Renée T. Coulombe

“I haunt three ghosts” (2024) – I

Arthur Honegger (1892 – 1955)

„Pacific 231“ – Mouvement symphonique N° 1

Johann Sebastian Bach

„Mein Herze schwimmt im Blut“

„Und nie darfst du genädig sein“

„Tief gebückt und voller Reue“

Sara Abazari (geb. 1976)

„De Profundis“ für Orchester

Johann Sebastian Bach

„Mein Herze schwimmt im Blut“

„Statt Augenwischerei!“

„Gebrochen einst als Kind“

„Ich lege mich zu meinen Wunden“

„Wie freudig ist mein Herz“

Renée T. Coulombe

“I haunt three ghosts” – II

Erik Satie (1866 – 1925)

„Parade“ – Ballettmusik (Ausschnitt)

Renée T. Coulombe

“I haunt three ghosts” – III

Arvo Pärt (geb. 1935)

„Cantus in memoriam Benjamin Britten“ für Streichorchester und Glocke

Background

Zufällig FREI

Der Große Amerikanische Clown sagte: „I have German in my blood!“, während er kleine Kinder in Käfigen hielt und mit Küchenrollen nach Katastrophenopfern warf. Der Große Englische Clown stellte dem französischen Präsidenten den Fuß auf den Tisch, was natürlich als prächtiger Scherz gemeint war. Der Große Brasilianische Clown brannte die Wälder am Amazonas nieder und beschuldigte die Brandhelfer. Der Große Italienische Clown hatte für den Moment was auf die Finger bekommen und schmollte. Derweil wartete im Hintergrund ein etwas zu klein geratener russischer Clown auf den Moment, um endlich als richtig großer Zirkusdirektor in Erscheinung treten zu dürfen. Als Fingerübung, damit er nicht aus dem Tritt kam, brachte er ab und an eine Journalistin oder einen Dissidenten um, nur um anzudeuten, was man in Zukunft von ihm zu erwarten hatte. Läuft doch! Nebenbei sprengte sich immer mal wieder ein Islamist in die Luft (eine eigenwillige Form des Eskapismus!), drückten so genannte soziale Medien die profitorientierten Augen zu, wenn ferne Fake-News-Fabriken zur Attacke auf demokratische Staaten bliesen, versteckten Reiche und Superreiche ihr Geld in Steueroasen, um sich zugleich für ein paar läppische Spenden zugunsten sozialer Projekte bejubeln zu lassen, und natürlich starben wie üblich irgendwelche Arten aus, stiegen die Meeresspiegel und schmolzen die Gletscher. Damals war die Welt noch in Ordnung. Heute sind wir weiter.

In Freiheit reifen

Als hätte es die leidvollen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts nicht gegeben, stehen Freiheit und Demokratie weltweit zur Disposition. Nicht nur, weil Gewaltherrscher und Terrororganisationen sie im Wortsinn unter Beschuss nehmen. Überall gewinnen Populisten mit ebenso simplen wie falschen Parolen an Boden, während gemäßigte Stimmen für ihr Bemühen um ausgewogene Positionen Kopfschütteln oder Häme ernten. – War die Freiheit nur ein zufälliges Geschenk der Geschichte, das wir im so genannten Westen den Trümmern des 2. Weltkrieges verdankten?

Unter der Leitung des niederländischen Dirigenten Bas Wiegers überschreitet das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin erneut die Grenzen der sinfonischen Musik, indem es Künstler:innen einlädt, die Grenzen klassischer Aufführungspraxis zu verschieben – diesmal mit Werken von Komponist:innen, denen Freiheit aus zufälligen Gründen geschenkt oder versagt war. Sie alle verbindet die Frage: Wann bin ich frei und was bedeutet Freiheit für mich? Im Mittelpunkt des Abends steht dabei die Bach-Kantate „Mein Herze schwimmt im Blut“ (1712), der das Künstlerduo tauchgold einen neuen, säkularen Text gegeben hat. Gesungen vom Countertenor Philipp Mathmann und in Bewegung übersetzt vom Tänzer und Choreographen Gustavo Llano, erlebt diese Fassung heute Abend ihre Uraufführung. Darf man eine berühmte und ehrwürdige Bach-Kantate mit einem neuen Text versehen? Zumal einem Text, der den gegebenen christlichen Kontext überschreitet und sich daher immer wieder der Verklammerung von Urtext und Tonsatz entzieht? Diese Frage war Gegenstand langer Erkundungen und kontroverser Diskussionen zwischen Philipp Mathmann, der das Projekt angeregt hatte, Prof. Winfried Toll, Spezialist für Alte Musik sowie nicht zuletzt tauchgold als den Textdichter:innen. Das Ergebnis: Man darf nicht nur, man muss es vielleicht sogar, wenn die Liebe zu Johann Sebastian Bachs großartiger, zeitloser Musik begleitet wird von einer philosophisch begründeten Neubewertung überlieferter Inhalte!

Kontempliert der ursprüngliche Text das Thema Schuld, Reue und verzweifelte Gottesfurcht anhand der biblischen Geschichte vom Pharisäer und dem Zöllner, wird nun die menschliche Freiheit und die Verantwortung für die/den Andere:n ins Zentrum gerückt: Rettung bringt nicht ein transzendenter Gott oder Erlöser, sondern eine entwickelte und bewusste Menschlichkeit, die bereit ist, sich den eigenen Dämonen zu stellen.

Gideon Klein

Eine Bedrohung ganz anderer Art durchlitt der Pianist und Komponist Gideon Klein. Am 4. Dezember 1941, zwei Tage vor seinem 22. Geburtstag, von den Deutschen ins Ghetto Theresienstadt eingeliefert, gehörte er zu jenen Musikern, die in dem Konzentrationslager bis 1944 die „Großherzigkeit“ der Nazis zu demonstrieren hatten. Wenige Wochen, nachdem im Sommer 1944 ein Propagandafilm über die angebliche Idylle in Theresienstadt gedreht worden war, wurden die Häftlinge Schub um Schub nach Auschwitz in die Gaskammern deportiert. Gideon Klein war im Transport, der am 16. Oktober 1944 Nordböhmen verließ. Am 4. Oktober hatte er sein letztes Werk zu Ende komponiert, das Streichtrio. Er war damals noch keine 25 Jahre alt. Gideon Klein verstarb im Außenlager Fürstengrube des KZ Auschwitz – am 27. Januar 1945, am Tag der Befreiung dieses Konzentrationslagers.

Ganz im Herzen des Trios – das der tschechische Komponist Vojtĕch Saudek für Streichorchester bearbeitet hat, um es als „Partita“ einem größeren Publikum zugänglich zu machen – in der Mitte des Mittelsatzes, schnürt eine Variation dem Zuhörer buchstäblich das Herz zusammen. Leise, schmucklos, einstimmig, in beiläufigem Andantino-Tempo und lapidarem 5/8-Takt kündet eine kleine Melodie von der gründlichsten aller Grausamkeiten: dem Auslöschen durch Vergessen. Diese Musik ist ein Stück Widerstand durch ihre bloße Existenz. Menschliche Würde hat eine letzte Zuflucht gefunden.

Arthur Honegger

Dank Herkunft und Geschichte zufällig frei war hingegen der 1892 in der Schweiz geborene Arthur Honegger. Vor einhundert Jahren übersetzte er seine „physische Freude“ an Lokomotiven und technischem Fortschritt in eine imposante, treibende Musik. Die „musikalische Konstruktion“ (Honegger) der legendären Lokomotive „Pacific 231“ „geht aus von folgender objektiver Betrachtung: das ruhige Atmen der stehenden Maschine, die Kraftleistung bei der Anfahrt, die wachsende Schnelligkeit und schließlich der Übergang in ein ‚lyrisches Stadium’ – in das Pathos eines Zuges von 300 Tonnen, durch die Nacht getrieben mit 120 Stundenkilometern“ (Arthur Honegger). Zur Zeit der Komposition im Jahr 1923 konnte er noch nicht ahnen, wie sehr Eisenbahnen ein Symbol nicht nur für freies Reisen, sondern für Fahrten in den Tod werden sollten.

Sara Abazari

Am Ende stehen wütende Trompetenschreie über hämmernden Pauken, emporgehoben von einem aus vielen Einzelstimmen vereinten Streicherchor. „De Profundis“ nennt Sara Abazari ihr Werk, das sie für ein Konzert des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin (RSB) im Frühjahr 2023 komponiert hat. Sie widmet es dem „Zan Zendegi Azadî“-Aufstand in Iran. Wissen bedeutet selbstbestimmtes Leben in Freiheit, gerade für die Frauen im Iran. Sara Abazari, geboren in Teheran, ist Komponistin und Musikpädagogin. Sie studierte Klavier und Komposition in Köln und promovierte in Musiktheorie an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien mit einer Arbeit über „Musik und Macht im Iran“.

In Sara Abazaris Komposition wird die anfangs einzelne, verzagte Stimme hörbar, die sich allmählich mit anderen Individuen zur Vielstimmigkeit verbindet. Bis zum dynamischen und emotionalen Höhepunkt genau in der Mitte des Werkes wachsen die rhythmischen Impulse zusammen, so dass die musikalische Botschaft gemeinsam artikuliert wird – bis sie sich von harten Paukenschlägen förmlich zerschmettern lassen muss. Nachfolgende Versuche der Selbstfindung münden über ein verstecktes Zitat aus Gustav Mahlers „Kindertotenliedern“ in den erwähnten Aufschrei am Schluss des Werkes.

Renée T. Coulombe

„I haunt three ghosts – Diese eindringliche Komposition beschwört die Klänge meiner Komponisten-Vorfahren Takemitsu, Oliveros und Penderecki. Darüber hinaus nutze ich Feldaufnahmen, Sampling und erweiterte Instrumentaltechnik in einer nach innen gerichteten Meditation über die Kraft der Musik. Möge sie uns erhalten bleiben, selbst wenn alles auseinanderzufallen droht.“

Eric Satie

Eine verspielt-chaotische „Parade“ als Aufbruch in neue musikalische Welten. Die Uraufführung 1917, für die der französische Komponist Eric Satie mit Jean Cocteau (Choreographie) und Pablo Picasso (Bühnenbild) zusammengearbeitet hatte, geriet in Paris zur skandalösen Sensation: Welch ein Ausmaß an künstlerischer Freiheit! Satie, Mentor der „Groupe des Six“, zu der auch Arthur Honegger gehörte, hat wenig komponiert, dafür umso richtungsweisender.

Arvo Pärt

Dem 1935 geborenen Esten Arvo Pärt war es aus politischen Gründen nicht möglich gewesen, den von ihm verehrten Benjamin Britte vor dessen Tod in Großbritannien zu besuchen. Reisefreiheit war der damaligen Sowjetunion bekanntermaßen ein Fremdwort. Pärt überwindet die politischen Grenzen mit künstlerischen Mitteln. Sein Credo: Alles kommt aus der Stille und strebt wieder zur Stille. Dazwischen bewegt es sich in Fragen. Gedankenvolle Stille zeichnet auch den „Augmentationskanon“ über die abwärtssteigende
a-Moll-Tonleiter aus, der den „Cantus in memory of Benjamin Britten“ aus dem Jahre 1977 ausmacht. „Ich arbeite mit einer sehr geringen Anzahl von Elementen – mit einer Stimme, mit zwei Stimmen. Ich baue sie aus den primitivsten Materialien auf: mit dem Dreiklang, mit einer bestimmten Tonalität. Die drei Noten eines Dreiklangs sind wie Glocken.“ (Arvo Pärt)

tauchgold und Steffen Georgi

Der Wille zum Freisein

Unser menschliches Bedürfnis nach einfachen Antworten in überschaubarem Schwarz- Weiß greifen der Tänzer Gustav Llano und die Schauspielerin Inka Löwendorf auf. Zart und behutsam, wild und ausgelassen, leise und nachdenklich beschwören Llano mit Choreographie und Löwendorf mit Prosa und Gedichten das Bild einer besseren, freieren Zukunft, die jederzeit möglich ist – nur eben nicht von allein, nicht zufällig frei, sondern willentlich. Aus Entschlossenheit.

Podcast zur Bach-Kantate

Podcast zur Aufführung Mensch, Musik!#8 - „Zufällig FREI“ mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter der Leitung von Bas Wiegers am 1. März 2024 im Haus des Rundfunk in Berlin.

Im Zentrum des Abends steht die Bach-Kantate „Mein Herze schwimmt im Blut“ BWV 199 die von tauchgold – das sind Heike Tauch und Florian Goldberg – mit einem neuen Text versehen wurde. Hier sprechen sie darüber, wie und warum es dazu kam.

Hier geht es zum Podcast!

Gesungene Texte

Mein Herze schwimmt im Blut

1. Recitativo
Mein Herze schwimmt im Blut,
Weil mich ein trüber Mut
In meinen eignen Augen
Zum Ungeheuer macht.
Und mein Gewissen fühlet Pein,
Weil ich dem Schein erlag.
Dem kurzen, schönen Schein.
Die eine, eitle Nacht!
Ich, ich allein
Hab mich in diese Not gebracht!
Nicht er, der böse Adamssamen,
Raubt meiner Seele alle Ruh
und schließet ihr die Himmel zu!
Ach! Selbsterzeugter Schmerz!
Mein ausgedorrtes Herz
Will sich an jedem Trost befeuchten,
Wie gerne würd´ ich es verdecken!
Wann endet das? Genug! Ich darf mich nicht verstecken.

2. Aria e Recitativo
Stumme Seufzer, stille Klagen,
Sollen meine Schmerzen sagen,
Weil der Mund verschlossen ist?
Und die nassen Tränenquellen
Soll´n ihr sichres Zeugnis stellen,
Dass mein taubes Herz gebüßt?
Ist auch dies Herz ein Tränenbrunn,
Die Augen heiße Quellen:
Ach du, das soll dich nicht zufriedenstellen!

3. Recitativo
Und nie darfst du genädig sein,
Wenn ich das Haupt mit Asche,
Mein Angesicht mit Tränen wasche,
Mein Herz in Reu und Leid zerschlage
Und voller Wehmut sage:
Du sei mir Sünder, gnädig!
Dass bloß dein Herz nicht bricht,
Wenn meine Lippe spricht:

4. Aria
Tief gebückt und voller Reue
Lieg ich, liebster Mensch, vor dir.
Ich bekenne meine Schuld,
Aber habe doch Geduld,
Habe doch Geduld mit mir!

5. Recitativo
Statt Augenwischerei! -
Geb ich uns diese Antwort bei:

6. Choral
Gebrochen einst als Kind,
Betracht ich, was ich find,
Und mag‘s verborgen stecken,
Mich noch so heftig schrecken,
Da stets verdeckte Wunden,
Zu neuem Leid gefunden.

7. Recitativo
Ich lege mich zu meinen Wunden,
Geduldig wie ein schwerer Stein,
sie sollen mir gewärtig sein
Kann vielleicht so zu and’rem Anfang dringen,
Um endlich dann befreit zu singen:

8. Aria
Wie freudig ist mein Herz,
Da du versöhnet bist,
Vertrauensvoll, bereit,
Und der Gemeinsamkeit
Erneut dein Herz aufschließt.

Entstehungszeit der Kantate: 1712/1713, Uraufführung am 12. August 1714, Weimar
Text: tauchgold 2023 nach Georg Christian Lehms 1711; 6. Johann Heerman 1630
Anlass: Sollte jede:r selbst wissen (ursprünglich: 11. Sonntag nach Trinitatis)

Kurzbiographien

Bas Wiegers

Bas Wiegers © Marco Borggreve

Mit mitreißender Energie und großer Offenheit ist Bas Wiegers einer der aufregendsten Dirigenten am Puls der Zeit. Souverän spannt er als Gast europäischer Sinfonieorchester, Solistenensembles und Opernhäuser den Bogen vom Barock bis zur Musik von heute. Genau diese programmatische Bandbreite kommt auch in seiner zweiten Saison als Associated Conductor des Münchener Kammerorchesters zum Ausdruck, im Laufe der Saison 2023/24 dirigiert Bas Wiegers außerdem erstmals Abonnementkonzerte des Royal Concertgebouw Orchestra; auch debütiert er beim Belgian National Orchestra, dem Radio-Symphonieorchester Wien (Claudio-Abbado-Konzert) und dem Polish National Radio Symphony Orchestra.

Im Anschluss an seine musikalische Ausbildung in Amsterdam und Freiburg widmete sich Bas Wiegers zunächst seiner erfolgreichen Karriere als Geiger mit Schwerpunkt in der historischen Aufführungspraxis. Mit dem Dirigentenstipendium der Kersjes Foundation ausgezeichnet, folgten Assistenzen bei Mariss Jansons und Susanna Mälkki beim Royal Concertgebouw Orchestra – und letztlich die Entscheidung, sich voll und ganz auf das Dirigieren zu konzentrieren. Heute begibt sich Bas Wiegers im Kontext aktueller Projekte mit seinem Podcast The Treasure Hunt regelmäßig für seine Hörerschaft in die Schatzkammer der Partituren und vermittelt einen ganz persönlichen Einblick in seinen Arbeitsprozess als Dirigent.

tauchgold

Seit 2007 realisiert tauchgold (Heike Tauch und Florian Goldberg) Stücke auf der Schnittstelle von Hörfunk und Bühne. Zu ihren Werken zählen Gesellschaftssatiren, Geschichtsdramen und philosophische Stoffe. Immer jedoch spielt eigens komponierte Musik eine zentrale Rolle. 2019 hatte in München ihr Bühnenwerk „Das Gläserne Meer. Ein Narratorium für Streicher und Stimmen“ Premiere, das mit einer Komposition von Cathy Milliken auf Grundlage des Hörstücks „Metamorphosen“ entstand. Für „Geborgte Landschaft. Ein Narratorium für Klaviertrio und Stimmen“ schrieb der Komponist Dai Fujikura die Musik (2022). Die englische Bühnenfassung „BORROWED LANDSCAPE“ erlebte 2023 seine Premiere in New York. Seit 2022 realisiert tauchgold als Autoren-Regieteam die RSB-Reihe „Mensch, Musik!“

Philipp Mathmann

Seine Stimme überrascht mit ihrer hellen Klarheit und fasziniert mit ihrer Intensität - der Sopranist Philipp Mathmann ist heute einer der international gefragtesten Countertenöre. Im Laufe seiner noch jungen Karriere übernahm er zahlreiche Hauptrollen in viel gelobten Produktionen wie etwa den Anastasio in „Giustino“ (Händel), Abel in „Kain und Abel“ (Scarlatti), Mirtillo in „Il pastor fido“ oder La Bellezza in „Il Trionfo del Tempo e del Disinganno” (Händel). Diese Produktionen sorgten für überregionale Aufmerksamkeit und wurden für wichtige Preise, wie etwa den Faustpreis und den Golden Mask Award nominiert.

Mathmann beschränkt sich nicht auf das barocke Repertoire, so sang er etwa 2021/22 an der Semperoper Dresden bei der Uraufführung von Thorsten Raschs „Die andere Frau“ die Partie des Engels sowie in Jörg Widmanns Oper „Babylon“ am Staatstheater Wiesbaden die Partie des Skorpionmensch. Im Konzertfach arbeitet Mathmann zusammen mit einigen der renommiertesten Alte-Musik-Ensembles wie dem Freiburger Barockorchester, der Akademie für Alte Musik Berlin, Concerto Köln und Dirigent:innen wie Christophe Rousset, Gianluca Capuano oder Diego Fasolis.

Gustavo Llano

Gustavo Llano wurde in Medellín, Kolumbien, geboren. Er studierte Theater an der Escuela Popular de Arte de Medellín (heute ITM) und Bildende Kunst an der Universität von Antioquia, bevor er sich endgültig dem Tanz zuwendete. Zu seinen Tanzlehrern zählten Jorge Holguín, Álvaro Restrepo, Beatriz Gutiérrez, Peter Palacio, Silvia Rolz.

Seit 1998 lebt Gustavo Llano in Berlin im Selbstexil, wie er es nennt. Wie viele andere Tänzer seiner Generation verließ er das Land aufgrund der Gewalt. Den letzten Ausschlag gab die Ermordung seines Freundes und Lehrers José Manuel Freidel, eines Visionärs des sozialkritischen, kolumbianischen Theaters.

In Deutschland tanzte Gustavo Llano zunächst in der Kompanie von Ismael Ivo. Durch ihn lernte er Johann Kresnik kennen, mit dem er mehrere Jahre erst als Tänzer und später als künstlerischer Assistent zusammenarbeitete. Mit Kresnik inszenierte er u.a. in Bogotá „Plan Vía“, eine choreografische Reflexion über die Gegenwart Kolumbiens und „Die Fledermaus“ für die Wuppertaler Oper. Zu seinen eigenen choreographischen Arbeiten gehören Tschaikowskys „Pique Dame“ für die Los Angeles Opera sowie zahlreiche Stücke, die er in Europa, den USA und Lateinamerika auf die Bühne brachte. Gustavo Llanos Arbeit orientiert sich an der Idee des choreographischen Theaters, das sich vom Tanztheater durch seine politischen Motive sowie den sozialkritischen Inhalt unterscheidet und mit den einfachsten, alltäglichsten Mitteln nach größtmöglichem Ausdruck sucht.

Renée T. Coulombe

Renée T. Coulombe ist Komponistin instrumentaler, elektronischer und akusmatischer Werke, improvisierende Experimentalpianistin und Performance-Installationskünstlerin sowie Wissenschaftlerin an der Schnittstelle von zeitgenössischer Theorie, Klang und Medienkultur. Derzeit ist sie Programmleiterin für den Masterstudiengang Creative Production am Catalyst Institute for Creative Art and Technology und Gründerin des kollaborativen Kunstraums The Willows Nest in Berlin, wo sie als künstlerische Leiterin fungiert. Außerdem ist sie als Drehbuchautorin, Moderatorin, Tontechnikerin und Produzentin für eine Vielzahl kommerzieller Kunden tätig und betreibt das unabhängige Medienproduktionshaus und Label Banshee Media.

Inka Löwendorf

Inka Löwendorf © Verena Eidel

Inka Löwendorf wuchs in Berlin auf, lernte früh die Bühne kennen und zwar an der Deutschen Oper Berlin, an der sie Ballett lernte. Nach dem Abitur studierte sie Schauspiel am Max Reinhardt Seminar in Wien. Es folgten Engagements am Staatstheater Mainz, dem Berliner Ensemble, sowie der Volksbühne Berlin. 2009 gründete Sie mit Komplizinnen den Heimathafen Neukölln, ein spartenübergreifendes Theater im gleichnamigen Berliner Bezirk. Dort spielt und inszeniert sie.

Inka Löwendorf spricht fließend Holländisch, Englisch und Spanisch, dafür leidlich Französisch und Italienisch. Sie nimmt regelmäßig Feature und Hörspiele für Deutschland Radio, den RBB sowie den MDR auf, oder liest Hörbücher ein. Regelmäßig steht sie als Schauspielerin vor der Kamera der öffentlich-rechtlichen Sender. Nebenbei ist sie Dozentin für Stimme und Atem an der Macromedia Hochschule für angewandte Wissenschaften.

RSB-Abendbesetzung

Violine 1

Wolters, Rainer
Ofer, Erez
Nebel, David
Neufeld, Andreas
Bondas, Marina
Drechsel, Franziska
Tast, Steffen
Pflüger, Maria
Polle, Richard
Behrens, Susanne
Oleseiuk, Oleksand
Scilla, Giulia
Sak, Muge
Cazac, Cristina

Violine 2

Contini, Nadine
Simon, Maximilian
Petzold, Sylvia
Draganov, Brigitte
Hetzel de Fonseka, Neela
Bauza, Rodrigo
Färber, Juliane
Bara, Anna
Palascino, Enrico
Kang, Jiho
Leung, Jonathan
Marquard, David

Viola

Rinecker, Lydia
Adrion, Gernot
Zolotova, Elizaveta
Drop, Jana
Doubovikov, Alexey
Montes, Carolina
Nell, Lucia
Yoo, Hyelim
Moon, Inha
Roske, Martha

Violoncello

Eschenburg, Hans-Jakob
Weiche, Volkmar
Albrecht, Peter
Weigle, Andreas
Bard, Christian
Kipp, Andreas
Kalvelage, Anna
Kim, Jean

Kontrabass

Wömmel-Stützer, Hermann
Figuireido, Pedro
Rau, Stefanie
Schwärsky, Georg
Buschmann, Axel
Ahrens, Iris

Flöte

Schaaff, Ulf-Dieter
Döbler, Rudolf
Schreiter, Markus

Oboe

Grube, Florian
Vogler, Gudrun
Herzog, Thomas

Klarinette

Kern, Michael
Pfeifer, Peter
Korn, Christoph

Fagott

You, Sung Kwon
Voigt, Alexander
Königstedt, Clemens

Horn

Ember, Daniel
Mentzen, Anne
Hetzel de Fonseka, Felix
Trautmann, Benno

Trompete

Oliver, Christian
Takeda, Mai
Niemand, Jörg
Gruppe, Simone

Posaune

Manyak, Edgar
Hölzl, Hannes
Hauer, Dominik
Lehmann, Jörg

Tuba

Takebayashi, Yuki

Harfe

Edenwald, Maud

Schlagzeug

Tackmann, Frank
Thiersch, Konstantin
Azers, Juris
Reddemann, Ingo

pauken-picto

Pauke

Wahlich, Arndt

Orgel

Schneider, Arno

Kooperation

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Bildrechte

Picture MM#8 Bas Wiegers © Peter Meisel

Picture MM#8 Gustavo Llano © Peter Meisel

Picture MM#8 Orchester © Peter Meisel

Bild Gustavo Llano tanzend © Josina Herrmann

Renée T. Coulombe am Klavier © Assaf Pocker

Bild Holzbläsergruppe © Josina Herrmann

Portrait Bas Wiegers © Marco Borggreve

Portrait tauchgold © Anke Beims

Portrait Philipp Mathmann © Annemone Taake

Portrait Gustavo Llano © Peter Meisel

Portrait Renée T. Coulombe © Assaf Pocker

Portrait Inka Löwendorf © Verena Eidel

Bild RSB Philharmonie © Peter Meisel