

Digitales Programm
Mensch, Musik #6
Heimkehr in die Fremde –
eine Erkundung durch Text, Tanz, sinfonische und elektronische Musik
19:30 Haus des Rundfunks
Felix Mendelssohn Bartholdy
„Heimkehr aus der Fremde“ – Ouvertüre op. 89
Bohuslav Martinů
Toccata e Due Canzoni für Kammerorchester H 311
Ursula Mamlok
Concertino für Holzbläserquintett, Schlagzeug und Streichorchester
3. Satz: Elegie
George Walker
Konzert für Posaune und Orchester
1. Satz: Allegro
Dai Fujikura
„Entwine“ für Orchester
Felix Mendelssohn Bartholdy
Ausschnitte aus „Oder soll es Tod bedeuten“ – Acht Lieder und ein Fragment nach Gedichten von Heinrich Heine
Richard Scott
Elektronische Klänge
Die Veranstaltung findet ohne Pause statt.
Besetzung
Ruth Reinhardt, Dirigentin
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Philipp Mathmann, Countertenor
David Nebel, Violine
Nadine Contini, Violine
Alejandro Regueira Caumel, Viola
Hans-Jakob Eschenburg, Violoncello
Mohamed Gamal, Posaune
Richard Scott, Modular Synthesizer
Gustavo Llano, Choreographie und Tanz
Inka Löwendorf, Stimme
tauchgold, Text, Konzept und szenische Einrichtung
Catalyst – Institute for Creative Arts and Technology, Kooperationspartner
Mensch, Musik! #6
Heimkehr in die Fremde
Welcher Mensch gehört wohin? Wer sagt „ich“, wenn ich „ich“ sage? Wann ist ein Deutscher ein Deutscher, eine Jüdin eine Jüdin, ein Kolumbianer ein Kolumbianer, eine Muslima eine Muslima oder ein Berliner ein Berliner …? Was ist Heimat? Was heißt Fremde? Wann bin ich der Heimat fremd, wann in der Fremde beheimatet? Der heutige, sechste Abend in der Reihe „Mensch, Musik!“ des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin begibt sich auf interdisziplinäre Spurensuche zu Fragen von Herkunft und Heimat. Sie führt von sinfonischer und Kammermusik mit Gesang über Tanz und Sprache bis hin zu elektronischer Musik.


Programm
„El camino” (Der Weg) –
„El instrumento es mi casa.“ (Das Instrument ist mein Zuhause.)
Tanz
Felix Mendelssohn Bartholdy
(1809 – 1947)
„Heimkehr aus der Fremde“ – Ouvertüre op. 89
Andante – Allegro di molto – Andante come I.
Richard Scott
Elektroakustisches Zwischenspiel
Ursula Mamlok
(1923 – 2016)
Concertino für Holzbläserquintett, Schlagzeug und Streichorchester
3. Satz: Elegie
Richard Scott
Elektroakustisches Zwischenspiel
„El viento mueve mi cuerpo.“ (Der Wind rüttelt meinen Körper.)
Tanz
Felix Mendelssohn Bartholdy / Aribert Reimann (geb. 1936)
„... oder soll es Tod bedeuten? Acht Lieder und ein Fragment von Felix Mendelssohn Bartholdy auf Gedichte von Heinrich Heine, für Sopran und Streichquartett bearbeitet und verbunden mit sechs Intermezzi von Aribert Reimann“
„Leise zieht durch mein Gemüt“
Intermezzo I
„Der Herbstwind rüttelt die Bäume“
Richard Scott
Elektroakustisches Zwischenspiel
George Walker
(1922 – 2018)
Konzert für Posaune und Orchester
1. Satz: Allegro
tauchgold
„Heimkehr in die Fremde“ Teil 1
Gedicht
„La Luz es mi camino.“ (Das Licht ist mein Weg.)
Tanz
Felix Mendelssohn Bartholdy / Aribert Reimann
„Auf Flügeln des Gesanges“ und Intermezzo IV
Bohuslav Martinů
(1890 – 1959)
Toccata e Due Canzoni für Kammerorchester H 311
Toccata. Allegro moderato
Richard Scott
Elektroakustisches Zwischenspiel
„De regresso a la tierra“ (Zurück zur Erde)
Tanz
Bohuslav Martinů
Toccata e Due Canzoni
Canzona I. Andante moderato
tauchgold
„Heimkehr in die Fremde“ Teil 2
Gedicht
Richard Scott
Elektroakustisches Zwischenspiel
Dai Fujikura
(geb. 1977)
„Entwine“ (Umschlingen) für Orchester
„Silencio anda en mi.“ (Die Stille wandert in mir.)
Tanz
Felix Mendelssohn Bartholdy / Aribert Reimann
Intermezzo VI und „Warum sind denn die Rosen so blass?“
Bohuslav Martinů
Toccata e Due Canzoni
Canzona II. Allegro (poco)
„De regreso en tierra extranjera“ (Heimkehr in die Fremde)
Tanz
Hintergrund


Heimkehr in die Fremde
Berlin 1743
Ha-katan Mausche mi-Dessau – der kleine Moses aus Dessau – betritt die Stadt durch das Hallesche Tor. Nichts deutet darauf hin, dass aus dem schüchternen, kleinwüchsigen Talmudschüler einmal der berühmte Aufklärer Moses Mendelssohn werden wird. Mit seiner „Heimkehr in die Fremde“ Berlins beginnt für Deutschland, ja für Europa, eine Entwicklung, die bis heute nicht abgeschlossen ist – einerseits im Sinne der Emanzipation so genannter Minderheiten, längst nicht nur der jüdischen. Andererseits als Anspruch der Einzelnen an sich selbst, ihr eigenes Leben und Denken nicht länger von religiösen oder gesellschaftlichen Vorurteilen bestimmen zu lassen.
Berlin 1829
Der zum Protestantismus konvertierte Felix Mendelssohn Bartholdy, ein Enkelsohn von Moses, bringt das Singspiel „Heimkehr aus der Fremde“ zu Gehör. Ein heiteres, leichtes Stück, ohne allzu viele Hintergedanken zur silbernen Hochzeit der Eltern komponiert. Gleichwohl wirkt der Titel wie eine Metapher für den Optimismus seiner Zeit: Deutschland öffnet sich. Nie zuvor schien der Weg in die Mitte der Gesellschaft so frei. Man will und kann das Fremdsein hinter sich lassen!
Berlin 1933
Die Geschwister Francesco und Eleonora von Mendelssohn, beide erfolgreiche Künstler und direkte Nachfahren von Moses Mendelssohn, verlassen Deutschland für immer. Obwohl selbst in dritter Generation keine Juden mehr, ist ihnen die Heimat gerade auch geistig zur Fremde geworden: Philosophische Aufklärung und gesellschaftliche Öffnung, für die sich ihr Urahn Moses Mendelssohn so erfolgreich eingesetzt hatte, sind auf unbegreifliche Weise gescheitert.
Könnte eine solche Umkehr freiheitlicher Entwicklung heute, nach weiteren knapp einhundert Jahren, erneut geschehen?


Spurensuche
Ideengeber des Abends ist Felix Mendelssohn Bartholdy mit seiner Ouvertüre zum Singspiel „Heimkehr aus die Fremde“. Ebenso ist es Mendelssohn Bartholdy, der mit seinen Liedern auf Gedichte von Heinrich Heine einen Kontrapunkt setzt. Mit Arrangements für Gesangsstimme und Streichquartett und namentlich mit verstörenden Kommentaren für das Streichquartett hat Aribert Reimann die Lieder um Vor- und Nachspiele erweitert.
Eine jüdische Komponistin, rechtzeitig emigriert vor dem Zugriff der Nationalsozialisten, hat ihre Rückkehr nach Europa schmerzvoll erlebt. Ursula Mamloks „Elegie“ (1987) kündet davon in vorwurfsfreier Stille. Erst 2006 kehrte sie nach fast 70 Jahren in den USA nach Berlin zurück.
Als der tschechische Flüchtling Bohuslav Martinů 1946 in Massachusetts die Arbeit an dem Orchesterwerk „Toccata e Due canzoni“ aufnimmt, denkt er an ein leichtes, optimistisches Stück. Der Krieg ist vorbei. Eine neue Zeit beginnt. Doch gesundheitliche Probleme lassen für Martinů die Wiedererlangung der eigenen Schaffenskraft, des eigenen Ausdrucksvermögens zu einer besonderen Form von „Heimkehr in die Fremde“ werden. Überdies bleibt ihm die ersehnte Heimkehr in sein Heimatland verwehrt. Man will den Rückkehrer nicht, weil er nicht bereit ist, sich den neuen politischen Machthabern zu beugen.
Der US-amerikanische Komponist George Walker – mit fast der gleichen Lebensspanne wie Ursula Mamlok – komponiert als später Nachfahre versklavter Afrikaner 1957 eine Musik, die den Verlust ihrer genuinen Herkunft und den ermüdenden Kampf um gleiche Rechte in einen neuen, selbstbewussten Ton verwandelt. Sein von der abendländischen Klassik wie vom Jazz inspiriertes „Concerto for Trombone and Orchestra“ gilt als eines der ersten, das ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Ausdrucksmöglichkeiten der modernen Posaune ins Zentrum rückt.
Wiederum anders gestaltet sich die Spurensuche nach Herkunft und Heimat für den in Japan geborenen und seit seinem 15. Lebensjahr in Großbritannien lebenden Komponisten Dai Fujikura. Weder hier noch dort fühlt er sich wirklich beheimatet oder wirklich fremd. Und doch greift alles ineinander. Sein unter dem Eindruck der sozialen Entbehrungen der Pandemie entstandenes Orchesterwerk „Entwine“ (2021) reicht das musikalische Material von einem Instrument zum anderen weiter – wie von einer Hand zur anderen.


Der in Kolumbien geborene Tänzer Gustavo Llano verlässt Ende der 90er wegen der dort anhaltenden Gewalt sein Heimatland. „Heimkehr in die Fremde“ – das ist die Verbindung der musikalischen Werke mit seiner Lebensgeschichte, eine Spurensuche nach seinem früheren Ich.
Das Werk des britischen Komponisten und elektroakustischen Musikers Richard Scott bewegt sich seit jeher in den Grenzbereichen verschiedener musikalischer Genres von Jazz, freier Improvisation bis hin zu neuer Musik. Die Interaktion mit groß besetztem sinfonischen Orchester sowie mit Kammerensemble, Tanz und Stimme folgt daher seinem künstlerischen Anliegen, unerwartete Begegnungen zwischen unterschiedlichen musikalischen Welten und Kunstdisziplinen zu herbeizuführen.
© tauchgold und Steffen Georgi
Gesungene Texte
Heinrich Heine (1797 - 1856)
1
Leise zieht durch mein Gemüt
Liebliches Geläute;
Klinge, kleines Frühlingslied,
Kling hinaus ins Weite.
Kling hinaus bin an das Haus,
Wo die Veilchen sprießen.
Wenn du eine Rose schaust,
Sag, ich lass sie grüßen.
2
Der Herbstwind rüttelt die Bäume,
Die Nacht ist feucht und kalt;
Gehüllt im grauen Mantel
Reite ich einsam, einsam im Wald.
Und wie ich reite, so reiten
Mir die Gedanken voraus;
Sie tragen mich leicht und luftig
Nach meiner Liebsten Haus.
Die Hunde bellen, die Diener
Erscheinen mit Kerzengeflirr;
Die Wendeltreppe stürm‘ ich
Hinauf mit Sporengeklirr.
Im leuchtenden Teppich gemache,
Da ist es so duftig und warm,
Da harret meiner die Holde,
Ich fliege in ihren Arm!
Es säuselt der Wind in den Blättern,
Es spricht der Eichenbaum:
„Was willst Du, törichter Reiter,
Mit Deinem törichten Traum?“
4
Auf Flügeln des Gesanges,
Herzliebchen, trag ich dich fort,
Fort nach den Fluten des Ganges,
Dort weiß ich den schönsten Ort;
Dort liegt ein rotblühender Garten
Im stillen Mondenschein,
Die Lotosblumen erwarten
Ihr trautes Schwesterlein.
Die Veilchen kichern und kosen,
Und schaun nach den Sternen empor,
Heimlich erzählen die Rosen
Sich duftende Märchen ins Ohr.
Es hüpfen herbei und lauschen
Die frommen, klugen Gazell‘n,
Und in der Ferne rauschen
Des heil‘gen Stromes Well‘n.
Dort wollen wir niedersinken
Unter dem Palmenbaum,
Und Liebe und Ruhe trinken,
Und träumen seligen Traum.
8
Warum sind denn die Rosen so blass?
O sprich, mein Lieb, warum?
Warum sind denn im grünen Gras
die blauen Veilchen so stumm?
Warum singt denn mit so kläglichem Laut,
die Lerche in der Luft?
Warum steigt denn aus dem Balsamkraut
Hervor ein Leichen…?
Kurzbiographien
Ruth Reinhardt

Die in Saarbrücken geborene Dirigentin Ruth Reinhardt komponierte und dirigierte schon mit 17 Jahren eine Kinderoper in ihrer Heimatstadt. Sie studierte Dirigieren in Zürich bei Constantin Trinks und Johannes Schlaefli. Zusätzlich nahm sie an Meisterkursen unter anderem bei Bernard Haitink, Michael Tilson Thomas, David Zinman und James Ross teil. Nach ihrem Masterabschluss in Dirigieren an der New Yorker Juilliard School bei Alan Gilbert erwarb Ruth Reinhardt Dirigierstipendien für Orchesterarbeit in Boston/ Tanglewood und Seattle. Von 2015 bis 2017 war sie Associate Conducting Fellow des Programmes “Taki Concordia”, anschließend Dudamel Fellow des Los Angeles Philharmonic. 2018 und 2019 assistierte sie beim Lucern Festival Academy Orchestra sowie beim Dallas Symphony Orchestra.
Zu den Höhepunkten der letzten Spielzeiten zählen Debüts bei den Sinfonieorchestern von Cleveland, San Francisco, Dallas, Detroit, Houston, Orlando, Milwaukee und Portland, bei den Sommerfestivals im Blossom Music Center und im Wolf Trap in Virginia. In Europa gab sie Debüts beim Sinfonieorchester des HR in Frankfurt, dem Wiener Tonkünstler-Orchester, in Graz, Gävle und Kristiansand, bei den Stockholmer Philharmonikern, in Berlin, Leipzig und Paris. Das RSB dirigiert sie 2023 zum ersten Mal.
tauchgold

Seit 2007 realisieren tauchgold (Heike Tauch und Florian Goldberg) Stücke auf der Schnittstelle von Hörfunk und Bühne. Zu ihren Werken zählen Gesellschaftssatiren, Geschichtsdramen und philosophische Stoffe. Immer jedoch spielt eigens komponierte Musik eine zentrale Rolle. 2019 hatte in München ihr Bühnenwerk „Das Gläserne Meer – Ein Narratorium für Streicher und Stimmen“ Premiere, das mit einer Komposition von Cathy Milliken auf Grundlage des Hörstücks „Metamorphosen“ entstand. Für „Geborgte Landschaft – Ein Narratorium für Klaviertrio und Stimmen“ schrieb der Komponist Dai Fujikura die Musik (2022). Im Juni 2022 realisierte tauchgold bereits das „Mensch, Musik!“#4-Projekt des RSB unter dem Titel „Wanderungen“. Auch die beiden im Februar und im April 2023 folgenden „Mensch, Musik!“-Projekte („Heimkehr in die Fremde“ und „Statt Land Meer“) entstehen gemeinsam mit tauchgold.
Philipp Mathmann

Seine Stimme überrascht mit ihrer hellen Klarheit und fasziniert mit ihrer Intensität. Der Sopranist Philipp Mathmann ist heute einer der international gefragtesten Countertenöre. Im Laufe seiner noch jungen Karriere übernahm er Hauptrollen wie Anastasio in „Giustino“ (Händel), Abel in „Kain und Abel“ (Scarlatti), Mirtillo in „Il pastor fido“ oder La Bellezza in „Il Trionfo del Tempo e del Disinganno” (Händel). Diese Produktionen sorgten für überregionale Aufmerksamkeit und wurden für wichtige Preise nominiert. Seine Opernengagements führten Philipp Mathmann unter anderem ans Teatro Real Madrid, das Aalto-Theater Essen, das Theater an der Wien, das Stanislawski Theater Moskau sowie zu zahlreichen bedeutenden Musikfestivals. Der Sänger beschränkt sich nicht auf das barocke Repertoire, so sang er 2021/2022 an der Semperoper Dresden bei der Uraufführung von Thorsten Raschs „Die andere Frau“ die Partie des Engels sowie in Jörg Widmanns Oper „Babylon“ am Staatstheater Wiesbaden die Partie des Skorpionmenschen. Im Konzertfach arbeitet Mathmann zusammen mit einigen der renommiertesten Alte-Musik-Ensembles und mit Dirigent*innen wie Christophe Rousset, Gianluca Capuano oder Diego Fasolis. Nach seiner ersten CD („La deposizione dalla croce di Gesu Cristo“ von Franz Xaver Richter) 2017 folgte 2020 seine erste Solo-CD („Tormenti d’Amore“) mit drei Weltersteinspielungen.
Mohamed Gamal

Mohamed Gamal ist ein ägyptischer Posaunist. Er ist Absolvent des Konservatoriums von Kairo und der Barenboim-Said-Akademie in Berlin. Bereits im Alter von 17 Jahren wurde er Mitglied des Kairoer Sinfonieorchesters als stellvertretender Soloposaunist. 2010 gewann er den ersten Preis beim 9. Internationalen Sommerfestival in Ägypten. Er unternahm ausgedehnte Tourneen durch den Nahen Osten, Südamerika, Europa, Afrika und Asien. Von 2011 bis 2015 spielte er mehrere Solokonzerte mit dem Kairoer Sinfonieorchester. 2013 wurde ihm die Ehre zuteil, Mitglied des West-Eastern Divan Orchestra unter der Leitung von Daniel Barenboim zu werden, und seitdem spielt er mit dem West-Eastern Divan Orchestra auf der ganzen Welt. Seit 2015 war er Mitglied der Barenboim-Said-Academie in Berlin, wo er bei Stefan Schulz und Filipe Alves studierte.
Gustavo Llano

Gustavo Llano wurde in Medellín, Kolumbien, geboren. Er studierte Theater an der Escuela Popular de Arte de Medellín (heute ITM) und Bildende Kunst an der Universität von Antioquia, bevor er sich endgültig dem Tanz zuwendete. Zu seinen Tanzlehrern zählten Jorge Holguín, Álvaro Restrepo, Beatriz Gutiérrez, Peter Palacio, Silvia Rolz.
Seit 1998 lebt Gustavo Llano in Berlin im Selbstexil, wie er es nennt. Wie viele andere Tänzer seiner Generation verließ er das Land aufgrund der Gewalt. Den letzten Ausschlag gab die Ermordung seines Freundes und Lehrers José Manuel Freidel, eines Visionärs des sozialkritischen, kolumbianischen Theaters.
In Deutschland tanzte Gustavo Llano zunächst in der Kompanie von Ismael Ivo. Durch ihn lernte er Johann Kresnik kennen, mit dem er mehrere Jahre erst als Tänzer und später als künstlerischer Assistent zusammenarbeitete. Mit Kresnik inszenierte er u.a. in Bogotá „Plan Vía“, eine choreografische Reflexion über die Gegenwart Kolumbiens und „Die Fledermaus“ für die Wuppertaler Oper. Zu seinen eigenen choreographischen Arbeiten gehören Tschaikowskys „Pique Dame“ für die Los Angeles Opera sowie zahlreiche Stücke, die er in Europa, den USA und Lateinamerika auf die Bühne brachte. Gustavo Llanos Arbeit orientiert sich an der Idee des choreographischen Theaters, das sich vom Tanztheater durch seine politischen Motive sowie den sozialkritischen Inhalt unterscheidet und mit den einfachsten, alltäglichsten Mitteln nach größtmöglichem Ausdruck sucht.
Richard Scott

Richard Scottist ein in Berlin lebender britischer Komponist und Improvisator, der sich seit etwa vier Jahrzehnten in den Grenzbereichen von freier Improvisation, Jazz und Avantgarde-Komposition bewegt. In den letzten Jahren hat er sich vor allem darauf konzentriert, einen persönlichen und sehr intuitiven Zugang zu den kompositorischen und improvisatorischen Möglichkeiten der modularen Synthese zu entwickeln.
Richard Scotts musikalischer Weg begann in den frühen 1980er-Jahren mit einem Korg MS20 Synthesizer, als er in Post-Punk-Bands in Lincolnshire spielte. Sein bevorzugtes Instrument zu dieser Zeit in London und Manchester war das Saxophon, das er bei Elton Dean und Steve Lacy studierte. Als er mit dem Schlagzeug- und Bass-Ensemble Spellbound arbeitete und feststellte, dass sein Saxophon für die Soundsysteme von Nachtclubs nicht laut genug war, beschäftigte er sich wieder mit Elektronik, was darin gipfelte, dass er sein eigenes MIDI-Instrument, das WiGI entwickelte.
Richard Scott hat zwei Doktortitel: den ersten für seine Dissertation über improvisierte Musik an der University of London (1992), den zweiten für ein Portfolio elektroakustischer Kompositionen an der University of Manchester (2020). Er ist Autor mehrerer Artikel zu den Themen freie Improvisation, modulare Synthese und post-akusmatische Musik. Derzeit leitet er den Masterstudiengang Creative Production am Catalyst Institute for Creative Arts and Technology in Berlin.


RSB-Abendbesetzung
Violine 1
Ofer, Erez
Herzog, Susanne
Neufeld, Andreas
Bondas, Marina
Beckert, Philipp
Drechsel, Franziska
Kynast, Karin
Morgunowa, Anna
Yamada, Misa
Polle, Richard
Violine 2
Kurochkin, Oleh
Simon, Maximilian
Petzold, Sylvia
Seidel, Anne-Kathrin
Bauza, Rodrigo
Bara, Anna
Palascino, Enrico
Heidt, Cathy *
Viola
Rinecker, Lydia
Adrion, Gernot
Silber, Christiane
Zolotova, Elizaveta
Markowski, Emilia
Livingston, Paul **
Violoncello
Giglberger, Stefan **
Breuninger, Jörg
Bard, Christian
Kipp, Andreas
Wittrock, Lukas *
Kontrabass
Wömmel-Stützer, Hermann
Buschmann, Axel
Gazale, Nhassim
Nejjoum-Barthélémy, Mehdi
Flöte
Schaaff, Ulf-Dieter
Döbler, Rudolf
Schreiter, Markus
Oboe
Esteban Barco, Mariano
Vogler, Gudrun
Klarinette
Kern, Michael
Korn, Christoph
Fagott
Kofler, Miriam
Königstedt, Clemens
Gkesios, Thomas
Horn
Pförtsch, Norbert **
Klinkhammer, Ingo
Hetzel de Fonseka, Felix
Demmler, Frank **
Trompete
Linke, Sören **
Sägebarth, Uwe **
Posaune
Manyak, Edgar
Hauer, Dominik
Tuba
Neckermann, Fabian
Harfe
Edenwald, Maud
Schlagzeug
Schweda, Tobias
Tackmann, Frank
Vehling, Hanno **
Pauke
Wahlich, Arndt
Klavier
Inagawa, Yuki **
* Orchesterakademie
** Gäste
Kooperation


Übertragung am 7. Februar 2023, 20.03 Uhr auf Deutschlandfunk Kultur
Europaweit. In Berlin auf UKW 89,6 MHz; Kabel 97,55; Digitalradio (DAB), Satellit, online und per App – auch zum Nachhören.
Bildquellen
Portrait Ruth Reinhardt © Peter Meisel
Portrait Gustavo Llano © Peter Meisel
Portrait tauchgold © tauchgold
Portrait Mohamed Gamal © Peter Adamik
Portrait Philipp Mathmann © Annemone Taake
Portrait Richard Scott © Catalyst - Institute for Creatic´ve Arts and Technology
Alle weiteren Bilder © Peter Meisel