Di 04.02.25

Vladimir Jurowski

20:00 Konzerthaus

Johannes Brahms

Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 d-Moll op. 15

Pause

Richard Wagner

„Parsifal“ – Vorspiel zum Bühnenweihfestspiel WWV 111

Gustav Mahler

Adagio aus der Sinfonie Nr. 10 Fis-Dur (Orchesterfassung von Rudolf Barshai)

Besetzung

Vladimir Jurowski, Dirigent

Yefim Bronfman, Klavier

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin

Ralf Sochaczewsky, Assistent des Chefdirigenten

Konzerteinführung: 19.10 Uhr, Ludwig-van-Beethoven-Saal, Steffen Georgi.

Das Konzert wird am 07.02.25 um 20.04 Uhr von radio3 des RBB übertragen, außerdem im Rahmen von "ARD Konzert" am 14.04.25.

Podcast "Muss es sein?"

Wenn Brahms, dann Bronfman

“Sieghst, dös is a Symphoniethema…” soll kein Geringerer als Anton Bruckner ausgerufen haben, als sich einer seiner Schüler im Kompositionsunterricht mit dem Eröffnungsthema des ersten Satzes von Brahms‘ d-Moll-Klavierkonzert beschäftigte. Das gewaltige d-Moll-Konzert – zuerst plante Brahms eine Sonate für zwei Klaviere, dann eine Sinfonie – steht wie ein Monument in der Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts. Und mittendrin: ein Herzensjuwel, das Adagio. „Auch male ich an einem sanften Porträt von Dir, das das Adagio werden soll…“ (Johannes Brahms an Clara Schumann) Freuen Sie sich auf die berufene Interpretation von Yefim Bronfman bei seinem zweiten Auftritt mit dem RSB!

Wie weiter nach diesem allemal erschöpfenden Musikerlebnis? Mit zwei Tiefblicken in die menschliche Seele, zwei Berührungen der Ewigkeit, mit Wagners „Parsifal“-Vorspiel und Mahlers Adagio aus der fragmentarischen Sinfonie Nr. 10. Denn „… tief, tief innen, zuallerinnerst in der heimlichsten Verborgenheit des Glückes, da wohnt auch die Angst, welche die Verzweiflung ist; sie möchte so gern Erlaubnis haben, drinnen zu bleiben, denn dies ist die liebste, die ausgesuchteste Wohnstatt der Verzweiflung: im innersten Innern des Glücks.“ (Sören Kierkegaard)

Eines Tages wird Vladimir Jurowski „Mahler X“ mit dem RSB komplett aufführen – eine neue, spannende Bearbeitung dafür liegt bereits vor!

Brahms

Sinfonisches Tasten

Zwei Klavierkonzerte verbinden im Schaffen von Johannes Brahms das Pianistische unmittelbar mit dem Sinfonischen, jener „Sache auf Leben und Tod“, zu der Brahms das Komponieren von Sinfonien nach Beethoven deklariert hatte. Dem Klavierkonzert Nr. 1 kommt deshalb in den ästhetischen Auseinandersetzungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Schlüsselposition zu. Brahms meinte zunächst, der Beethovenschen Sinfonik sei nichts Fundamentales hinzuzufügen. Dabei hatte er durchaus die Werke seiner befreundeten Kollegen Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann vor Augen. In aller Bescheidenheit knüpfte er deshalb mit seinen frühen Orchesterwerken, den Serenaden op. 11 und op. 16, bei den unverfänglichen klassischen Gattungen Divertimento und Notturno an. Er vermied es sogar, Streichquartette zu veröffentlichen (mehr als 20 Entwürfe vernichtete er). Stattdessen durften ein Trio und das herrliche Sextett op. 18 die Schwelle der gnadenlosen Selbstkritik passieren. Gerade einmal an eine der großen Beethoven-Domänen, an die Klaviersonate, wagte sich Brahms heran.

Johannes Brahms hatte eine gediegene pianistische Ausbildung erhalten. Sein erster Lehrer, Otto Friedrich Willibald Cossel, legte der Auswanderung der Familie Brahms nach Amerika im letzten Moment den entscheidenden Stein in den Weg, indem er seinen begabtesten Schüler an den bekannten Hamburger Klavierpädagogen Eduard Marxen vermittelte. Dieser brachte Johannes auf die Komponistenlaufbahn. Neben den vier Sinfonien, dem Deutschen Requiem, einem erlesenen Chor- und Solo-Liedschaffen, epochemachender Kammermusik waren es auch und vor allem seine Klavierkompositionen, die seinen Ruhm begründeten. Gleich Beethoven vertraute er dem Klavier seine innersten Gefühle und Gedanken an. Selbst brillanter Pianist, vermochte er auf und mit diesem Instrument sich am besten auszudrücken. So gehören die späten Fantasien, Intermezzi und Klavierstücke zum Tiefsten, was Klaviermusikliebhaber bis heute erfreut.

Schumann zu Ehren

Das erste Klavierkonzert in d-Moll, leidenschaftliches Jugendwerk des 25-Jährigen, ging dem zweiten und letzten nicht weniger als 20 Jahre voraus. Zunächst sollte es eine dreisätzige Sonate für zwei Klaviere werden (1854). Doch merkte Brahms bald, dass ihm das Tasteninstrument allein nicht mehr genügte. Im Alter von 21 Jahren begann er, den ersten Satz zu instrumentieren.

Eine Sinfonie schwebte ihm nun vor. Doch von diesem Plan verabschiedete sich Brahms bald wieder. Er entschied sich vielmehr für den „Mittelweg“: für ein Klavierkonzert. Die Rollenteilung zwischen Klavier und Orchester war von vornherein fundamental verschieden von der gewöhnlichen im Jahrhundert der Virtuosen. Hier gab es nichts Ornamentales zu bestaunen und dort keinen dezenten Teppich zu flechten. Beide „Parteien“ wurden herausgefordert, in wahrhaft sinfonischen Dimensionen zu sprechen.

“Sieghst, dös is a Sinfoniethema...”

Anton Bruckner soll diesen Satz einem seiner Schüler zugerufen haben, als er sich im Unterricht mit dem Eröffnungsthema des ersten Satzes von Brahms‘ d-Moll-Klavierkonzert beschäftigte. „Maestoso“ bricht es aus einem dumpfen Paukenwirbel mit elementarer Wucht hervor und türmt sich so gewaltig wie rätselhaft vor dem Zuhörer auf. Brahms unterzieht es konsequent einer monumentalen Behandlung, sogleich reißt er es auseinander, lässt eine Trillerkette abwärts fegen in einen Scheinschluss. „Schroff kontrastiert zu dieser Naturgewalt die milde Poesie des melodischen Gedankens der Streicher. Die Unwetterstimmung des Anfangs beginnt aufs Neue, aber dann setzt das Klavier ein, in zaghafter Verträumtheit, fast nachdenklich und im sinfonischen Kraftfeld seltsam schwebend wie im Zweifel, ob es sich zum Kräftemessen aufraffen sollte. Aus dem allmählich sich entwickelnden Ringen zwischen Soloinstrument und Orchester erwachsen neue Spannungen, bis sich ein Ausgleich herzustellen scheint. Wunderbar ist das singende Nebenthema, das vom Klavier in weich ausschwingenden Akkorden im Quartenanstieg angestimmt wird, und der so echt romantische Hornruf. Alle diese Kräfte tragen den Satz, der in der Konzertliteratur nicht nur der damaligen Zeit eine Ausnahmestellung einnimmt.“ (Dieter Uhrig)

Den ersten Satz, auf dessen Ausarbeitung Brahms viel Sorgfalt verwendet hatte, schloss er 1856 ab. Den zweiten Satz komponierte er 1857 neu, nachdem er die ursprünglich vorgesehene Sarabande aus der Klaviersonate entfernt hatte, um sie später im Deutschen Requiem („Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“) wieder zu verwenden. Stattdessen widmete er das neue Adagio der innig geliebten, durch die Krankheit ihres Mannes schwer geprüften Clara Schumann.

Um Clara Schumann drehte sich damals Brahms‘ ganzes Sehnen und Fühlen. Vor ihr (und damit vor der Welt) mit einer Sinfonie zu bestehen, fühlte er sich noch nicht reif genug. Also wich er zunächst aufs Klavierkonzert aus. Aber auch an seinen Freund Robert Schumann selbst hat er wohl gedacht, hielt Brahms doch Schumanns Klavierkonzert für dessen gelungenstes Orchesterwerk. So ist auch die ursprüngliche Überschrift des zweiten Satzes „Benedictus, qui venit in nomine Domini“ wohl nicht religiöses Programm, sondern als versteckte Anspielung auf Roberts Spitznamen im Freundeskreis („Mynheer Domine“) zu verstehen. Den dritten Satz, ein kunstvoll erhabenes Rondo mit ungarischem Temperament – Referenz an Freund Joseph Joachim – schloss Brahms nach mehreren Umarbeitungen im April 1857 ab.

Harter Brocken

Es ist heute kaum mehr vorstellbar, dass der leidenschaftliche, schwärmerische, nichtsdestoweniger formal disziplinierte, konzentrierte Duktus, mit dem Brahms seinem Vorbild Beethoven alle Ehre machte, bei den ersten Aufführungen Rezeptionsprobleme mit sich brachte.

Die Hannoveraner Musiker reagierten im März 1858 zurückhaltend bei einer Voraufführung, das Publikum bei der Uraufführung am 22. Januar 1859 in Hannover ebenso. Tröstete Brahms sich darüber noch hinweg, so stand er ratlos vor dem Fiasko am 27. Januar in Leipzig: Das Publikum hatte seine „Sinfonie mit obligatem Klavier“ eisig abgelehnt, der Kritiker die Stimmung zu Papier gebracht: „Nimmt man den Ernst des Strebens und die Tüchtigkeit der musikalischen Gesinnung hinweg, so bleibt eine Öde und Dürre, die wahrhaft trostlos ist. Die Erfindung hat auch an keiner einzigen Stelle etwas Fesselndes und Wohltuendes... und dieses Würgen und Wühlen, dieses Zerren und Ziehen, dieses Zusammenziehen und Wiederauseinanderreißen von Phrasen und Floskeln muß man über drei Viertel Stunden lang ertragen! Diese ungegorene Masse muß man in sich aufnehmen und muß dabei noch ein Dessert von den schreiendsten Dissonanzen und mißlautendsten Klängen überhaupt verschlucken...“ Dieses vernichtende Urteil veröffentlichte die Zeitschrift „Signale“.

Obwohl eine erfolgreiche Aufführung wenige Wochen später in Hamburg stattfand, saß der Schock tief. Die ohnehin für ihn problematischen Gattungen – „Sinfonie“ und nun auch „Klavierkonzert“ – ruhten für weitere zwei Jahrzehnte. Dann jedoch verhalfen sie Brahms aus dem Schatten Beethovens heraus und seinerseits zum Aufstieg in die Reihe der großen „B“.

Meine d-Moll-Sonate möchte ich gern lange liegen lassen. Ich habe die ersten drei Sätze oft mit Frau Schumann gespielt. Eigentlich genügen mir nicht einmal zwei Klaviere. - Brahms an Joseph Joachim

Am Clavier sitzend, fing er an wunderbare Regionen zu enthüllen. Wir wurden in immer zauberischere Kreise hineingezogen. Dazu kam ein ganz geniales Spiel, das aus dem Clavier ein Orchester von wehklagenden und lautjubelnden Stimmen machte. Es waren Sonaten, mehr verschleierte Symphonien, - Lieder, deren Poesie man, ohne die Worte zu kennen, verstehen würde, obwohl eine tiefe Gesangsmelodie sich durch alle hindurchzieht.

Robert Schumann in seinem Artikel „Neue Bahnen“, mit dem er 1853 in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung auf Brahms aufmerksam machte.

Auch male ich an einem sanften Porträt von Dir, das das Adagio werden soll...

Brahms an Clara Schumann

Vor allem, es ging wirklich sehr gut, ich spielte bedeutend besser als in Hannover und das Orchester ausgezeichnet. Die erste Probe erregte keinerlei Gefühle bei den Musikern oder Zuhörern. Zur zweiten kam aber kein Zuhörer und bei keinem Musiker bewegte sich ein Gesichtsmuskel. Den Abend wurde ... ohne eine Regung der erste und der zweite Satz angehört. Zum Schluß versuchten drei Hände langsam ineinanderzufallen, worauf aber von allen Seiten ein ganz klares Zischen eine solche Demonstration verbot. Weiter gibt‘s nun gar nichts über dies Ereignis zu schreiben... - Brahms an Joseph Joachim über die Leipziger Aufführung seines d-Moll-Konzertes am 27. Januar 1859

Es ist wirklich rührend, wenn man diesen Menschen am Klavier sieht mit seinem interessant jugendlichen Gesicht, das sich beim Spielen ganz verklärt; seine schöne Hand, die mit der größten Leichtigkeit die größten Schwierigkeiten besiegt (seine Sachen sind sehr schwer), und dazu diese merkwürdige Komposition. Er hat bei Marxen in Hamburg studiert, doch das, was er uns gespielt, ist so meisterhaft, daß man meinen müßte, den hätte der liebe Gott gleich so fertig auf die Welt gesetzt: Eine schöne Zukunft steht dem bevor, denn wenn er erst für Orchester schreiben wird, dann wird er das rechte Feld für seine Phantasie gefunden haben! - Clara Schumann, September 1854

Dies ist ein seltsames Werk. Es hat stets etwas von einem Problemkind gehabt. Seine früheren Inkarnationen als Sonate für zwei Klaviere und als Sinfonisches Fragment deuten darauf hin, dass es selbst für Brahms, dem sinfonische Skulptur nie leichtfiel, eine besondere Plage war. ...

... Und das Endresultat, das Konzert, ist eines jener Werke, bei dem man das Gefühl hat, dass sie nicht recht losgehen, architektonisch nicht ganz ausgewogen sind. Nichtsdestoweniger, keine Spitzfindigkeiten hinsichtlich der Festigkeit seines Skeletts können die Bewunderung für die unglaubliche Imagination beeinträchtigen, die Brahms bei diesem Werk zum Tragen brachte. - Glenn Gould, 1962

Richard Wagner

„Parsifal“ – Vorspiel zum Bühnenweihfestspiel WWV 111

„Im ‚Parsifal‘, der letzten Kraftäußerung eines Genies, vor der man sich verneigen muss, versuchte Wagner, die Musik weniger zu zwingen; hier atmet sie freier... Da vernimmt man einzigartige, ungeahnte, edle und kraftvolle Orchesterklänge. Es ist eines der schönsten Klangdenkmale, die zum unvergänglichen Ruhm der Musik errichtet worden sind.“

Claude Debussy

Zum Raum wird hier die Zeit

Am 26. Juli 1882 wird im Bayreuther Festspielhaus das Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ uraufgeführt. Text: Richard Wagner. Musik: Richard Wagner. Inszenierung und Regie: Richard Wagner. Die atemstockende Machtdemonstration vermeintlicher männlicher Tugenden, die subtile Projektion männlicher Ängste und Sehnsüchte auf die Frau, die unterschwellige Thematisierung des Ewigen Juden, die Fülle von schier heiligen Analogien zur christlichen Religion, die raffinierte Verflechtung mit uralten Überlieferungen des Buddhismus und des Orients, die musikphilosophische Dimension von Schopenhauers Weltbild, die unzähligen tiefenpsychologischen Anspielungen, der Mut zu quasi stehendem Traumtheater des Unbewussten, schlussendlich die grandiose, unentrinnbare, seelenbesitzergreifende Musik – das alles macht den „Parsifal“ ewig aktuell und faszinierend bis zum heutigen Tag.

Von Chrétiens Perceval zu Wagners Parsifal

„Perceval“ – die Geschichte vom „Taldurchdringer“ und seiner Ritter des Heiligen Grals geht auf mündliche Überlieferungen aus dem 9. Jahrhundert zurück. Erstmals (teilweise) aufgezeichnet hat sie der französische Schriftsteller Chrétien de Troyes (um 1140 – um 1190).

Weniger Jahre später legt Wolfram von Eschenbach (um 1170 – um 1220) die Gralsgeschichte auf mittelhochdeutsch vor, wobei er Chrétien nicht nur berichtigt, sondern auch umfangreich ergänzt, ohne dass eine weitere schriftliche Quelle für Wolframs Details nachweisbar wäre. 1836 erscheint Wolframs „Parzivâl“-Epos erstmals in hochdeutscher Übertragung. Richard Wagner wird ab 1845 immer wieder danach greifen und bereits lange vor dem „Ring des Nibelungen“ beschließen, dass „Parzival“ sein letztes Werk, der Schlussstein seines Schaffens sein werde.

Ab 1857, im Umfeld seiner verzehrenden (und versehrenden?) Liebe zu Mathilde Wesendonck erfasst ihn die Erlösungsthematik um Parzifal mit Macht. Er schreibt eine erste (verschollene) Prosaskizze, berichtet in etlichen Briefen an Mathilde Wesendonck von lebhaften „Parzival“-Gedanken, die wesentlich auf eine radikale Verdichtung der Wolframschen Vorlage hinauslaufen und empfängt im April 1857 auf dem Gelände der Wesendonckschen Villa die Initiation zur Musik des „Karfreitagszaubers“.

1865 gibt Wagner endlich dem Drängen Ludwigs II. von Bayern nach und legt einen Prosaentwurf für „Parzival“ vor. „Sein“ König jubelt: „… o wie liebe ich Sie, mein angebeteter, heiliger Freund.“

Im Januar 1877 beginnt Wagner mit der Ausarbeitung des Textes. Am 14. März entscheidet er sich für die Schreibweise „Parsifal“ – und sitzt damit einem sprachlichen Missverständnis auf („Im übrigen stört mich das nicht.“ – Brief an Judith Gautier). Wie stets verfasst er zunächst (bis April) das Libretto, um im August mit den Skizzen zur Musik zu beginnen. Die Komposition erstreckt sich über mehrere Jahre, erhält vielfältige Anregungen (und Rückschläge). Am 25. Dezember 1879, Cosimas Geburtstag, erklingt erstmals das Vorspiel zum ersten Aufzug in einer Voraufführung in der Villa Wahnfried in Bayreuth, wohin Wagner eigens die Hofkapelle aus Meiningen hat kommen lassen: „Es ist sehr verändert, noch lichtloser! Wie die Klänge eines erloschenen Sternes klingt der Beginn, worauf wie Gebärden nur man das mühevolle Wandern und das Erlösungsflehen der Kundry erschaut“, schreibt Cosima in ihr Tagebuch.

Musikalische Chiffren

Binnen vier Stunden Musik könnte dem Zuhörer schon einmal der Faden verloren gehen, wenn Wagner ihn nicht immer wieder bei den Ohren nehmen und mitführen würde in die Verstricktheiten seiner Helden. Ein probates Mittel sind die legendären Leitmotive. Spätestens seit dem „Ring“, wo die Erinnerung beim Hörer über mehrere Tage funktionieren muss, haben die Leitmotive herausragende, musikalisch gliedernde Bedeutung. Aber sie sind weit mehr als (Denk-)Abbiegevorschriften und andere Verkehrszeichen. Sie verleihen der Musik eine Metaebene im Sinne Victor Hugos: „Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.“ Gerade im „Parsifal“ erfahren sie einen hochdifferenzierten, komplexen Einsatz, der sowohl das bewusste Hören steuert als auch das unbewusste Wahrnehmen unwillkürlich beeinflusst.

Wagner stellt zunächst die Leitmotive wie erratische Säulen in den musikalisch leeren Raum. Oft wiederholt er sie mehrfach an geeigneten Stellen, um ihre gehörte Zuordnung zu lernen und zu festigen. Dann beginnt er, sie in scheinbar unpassenden Situationen als „heimlichen“ Kommentar einzusetzen. Schließlich verknüpft er die Motive und ihre Parameter zu neuen musikalischen Gebilden. Mit schier unglaublicher Meisterschaft verwendet er die Melodie eines Motivs über dem Rhythmus eines anderen, um Entfaltungsrichtung, Harmonien oder charakteristische Instrumentierung wiederum von anderen zu nehmen. Auf diese Weise hängt alles mit allem zusammen, doch keineswegs chaotisch, sondern raffiniert gesteuert.

Ist das etwa deutsch?

Wir müssen akzeptieren, dass Wagner seine Rolle als „Religionsstifter“ bis zur Inbrunst ernst genommen und zugleich kaum mehr als Hohn für die schwachen, verführbaren Menschen übrig hatte. Wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass der Nationalsozialismus seine gesamte Herrschaftsdoktrin im „Parsifal“ ideal vorweggenommen und bestätigt sah. Wir sehen uns konfrontiert mit bis zur Lächerlichkeit getriebenen Aufführungskulten in Bayreuth. Wir dürfen entsetzt oder begeistert sein über schrille Inszenierungen, die den Autor, vor allem aber den Musiker Richard Wagner immer stärker an den Rand der Wahrnehmung drängen.

Die Meinungen, ob die Kunstreligion Wagners einen ernsten Ersatz für die am Ende des 19. Jahrhunderts ausgehöhlten Werte des Christentums und des Buddhismus bieten kann oder ob sie eine ungeheuerliche, selbstvergötzende Blasphemie sei, bleiben geteilt – bis heute.

„– Ist das noch deutsch?
Aus deutschem Herzen kam dies schwüle Kreischen?
Und deutschen Leibs ist dies Sich-selbst-Zerfleischen?
Deutsch ist dies Priester-Hände-Spreizen,
Dies weihrauchdüftelnde Sinne-Reizen?
Und deutsch dies Stürzen, Stocken, Taumeln,
Dies zuckersüße Bimbambaumeln?
Dies Nonnen-Äugeln, Ave-Glockenbimmeln,
Dies ganze falsch verzückte Himmel-Überhimmeln? ...
- Ist das noch deutsch?
Erwägt! Noch steht ihr an der Pforte ...
Denn was ihr hört, ist Rom – Roms Glaube ohne Worte!

Man möchte es nämlich wünschen, daß der Wagnersche 'Parsifal' heiter gemeint sei, gleichsam als Schlußstück und Satyrdrama, mit dem der Tragiker Wagner gerade auf eine ihm gebührende und würdige Weise von uns, auch von sich, vor allem von der Tragödie habe Abschied nehmen wollen, nämlich mit einem Exzeß höchster und mutwilligster Parodie auf das Tragische selbst, auf den ganzen schauerlichen Erden-Ernst und Erden-Jammer von ehedem, auf die endlich überwundene dümmste Form in der Winternatur des asketischen Ideals. Der „Parsifal“ ist ja ein Operetten-Stoff par excellence! …“

Friedrich Nietzsche, 1888

Gustav Mahler

Adagio aus der Sinfonie Nr. 10 Fis-Dur (Orchesterfassung von Rudolf Barshai)

Gustav Mahler Gustav Mahler

Auf die Zehnte steht der Tod

Gustav Mahler hinterließ 165 Manuskriptseiten für eine zehnte Sinfonie, die er nicht mehr vollenden konnte. Er arbeitete daran im Juli und August 1910. Am 12. September 1910 dirigierte der Komponist in München die denkwürdige Uraufführung seiner Sinfonie Nr. 8, zu der alle bedeutenden Kulturzeitgenossen angereist waren. Ohne das Manuskript der Zehnten noch einmal angerührt zu haben, begab er sich im November mit Alma, seiner Frau, zum letzten Mal nach Amerika, wo ihn ein Vertrag seit 1908 an die Metropolitan Opera und an die New Yorker Philharmoniker band, dirigierte dort 48 der geplanten 65 Konzerte. Nach dem körperlichen Zusammenbruch brachte ihn seine Frau zurück nach Europa. Ende April traf man in Paris ein. Im Bewusstsein seines nahen Todes reiste Mahler mit letzter Kraft nach Wien. Hier starb er am 18. Mai 1911.

Ihm uns unterzuordnen, war unsere Sehnsucht, ihm zu nahen, hemmte uns eine Scheu, rätselhaft und geheimnisvoll, wie man etwa nicht wagt, an den Rand eines Kraters zu treten und in die kochende Glut zu schauen. [...] Aber unvergeßlich wird mir das eine, das letzte Mal sein, da ich ihn erblickte, weil ich noch nie so tief, so mit allen Sinnen das Heroische eines Menschen gespürt. Ich reiste von Amerika herüber, und auf demselben Schiffe war er, todkrank, ein Sterbender. Vorfrühling lag in der Luft, die Überfahrt ging sanft durch ein blaues, leichtwogiges Meer [...]. Immer lockte es uns, froh zu sein, aber unten, irgendwo im Schacht des Schiffes, dämmerte er, behütet von seiner Frau, und wir fühlten es wie Schatten über unserm leichten Tag. [...] Und dann [...] sah ich ihn endlich: er lag da, bleich wie ein Sterbender, unbewegt, mit geschlossenen Lidern. [...] Aber diese seine Silhouette – unvergeßlich, unvergeßlich! – war gegen eine graue Unendlichkeit gestellt von Himmel und Meer, grenzenlose Trauer war in diesem Anblick, aber auch etwas, das durch Größe verklärte, etwas, das ins Erhabene verklang wie Musik.“

Stefan Zweig, 1915

Eine Bitte an Alma Mahler, die Unterlagen zur zehnten Sinfonie nach seinem Tod zu verbrennen, gehört ins Reich der Legende. Gleichwohl würde er einer Veröffentlichung nicht zugestimmt haben.

Die bittere Intervention Bruno Walters, mit dem Frau Mahler um das Privileg als „Künstlerische Vertrauensperson Nr. 1“ seit der fünften Sinfonie eifersüchtig rivalisiert hatte, stimmte sie nicht um, im Gegenteil: Alma, geborene Schindler, verlobte Klimt, verliebte Zemlinsky, verheiratete und verwitwete Mahler, verheiratete und geschiedene Gropius, berauschte Kokoschka, nochmals verheiratete und wieder verwitwete Werfel, entschied sich nach Beratung mit dem Musikologen Richard Specht 1923, große Teile der Skizzen als Faksimiledruck zu veröffentlichen. Weiterhin baten Specht und sie nacheinander Arnold Schönberg, Alban Berg, Anton Webern und Alexander von Zemlinsky darum, die letzte Sinfonie Gustav Mahlers zu Ende zu komponieren. Alle lehnten ab.

Kein Berufskollege, nicht aus Mahlers Generation und später nicht, niemand aus seiner näheren Umgebung wagte es, das unvollendete Werk zum Klingen zu bringen. Erst Almas Schwiegersohn Ernst Krenek erklärte sich nach eingehender Sichtung der für ihn überraschend weit vorangeschrittenen Arbeit Mahlers lediglich bereit, die drei ersten Sätze aus dem fast fertigen Partiturentwurf in Reinschrift zu übertragen und 1924 zwei davon in Wien aufführen zu lassen. Andere Dirigenten schlossen sich an: zuerst Mahlers Freund Zemlinsky in Prag.

Bewundern und berühren

Damit war der Deckel vom Topf genommen, oder schärfer: vom Sarg Mahlers. Es verwundert kaum, wenn bis heute Versuche nicht fehlen, ihn für immer zuzulöten. Es verwundert ebensowenig, ehrgeizige Menschen zu finden, die den Torso immer aufs Neue heben, ihm Gestalt geben und ihn gar mit Leben erfüllen möchten. Wir sprechen hier nicht über die menschliche Anmaßung, Herrschaft über Tod oder Leben zu erlangen, nicht über gentechnische „Fortschritte“ auf dem Weg zu Klonen und künstlichen Wesen. Eher über Madame Tussaud oder Jurassic Park. Die Sehnsucht der Menschen nach Imagination, nach dem im Wortsinne Begreifbarmachen einer Idee ist unstillbar. Die dabei unvermeidliche Illusion wird gern in Kauf genommen – auch im wörtlichen Sinne. Ganz im Geist der Zeit erhielt im Jahr 2000 eine prominente Einspielung der Zehnten von Mahler, die ja doch so nicht von ihm stammt, den begehrtesten amerikanischen Musikpreis.

Zwei weitere Ersuchen Alma Mahler-Werfels, die Sinfonie Nr. 10 ihres Ex-Gatten zu Ende zu komponieren, wurden von den Adressaten abgelehnt: 1942 von Dmitri Schostakowitsch und 1949 erneut von Arnold Schönberg. Ende der 1950er Jahre, im Zuge der bis heute andauernden Mahler-Renaissance, unternahmen mehrere Musikwissenschaftler unabhängig voneinander den Versuch, das vorhandene sinfonische Gerüst zu verkleiden und ins rechte Licht zu rücken.

„Keine zwei Meter von ihr entfernt fand sich die Vitrine, in der die Partitur von Mahlers unvollendeter 10. Symphonie aufgeschlagen lag, man wurde darauf hingewiesen, stand auf, trat nahe heran und las die Notschreie des Kranken [...] ‚Almschi, geliebte Almschi’, und ähnliche intime, verzweifelte Ausrufe, diese Stellen größter Intimität waren es, die man in der Partitur aufgeschlagen hatte. Es muß ein erprobtes Mittel gewesen sein, Besucher zu beeindrucken. Ich las die Worte in der Handschrift eines Sterbenskranken und blickte auf die Frau, der sie gegolten hatten. Sie nahm sie, 23 Jahre später, als gälten sie ihr jetzt. Von jedem Betrachter dieses Schaustückes erwartete sie den bewundernden Blick, der ihr für die Huldigung des Sterbenden in seiner Not gebührte, und so sicher war sie der Wirkung seiner Worte in der Partitur, daß sich das nichtssagende Lächeln auf ihrem Gesicht zu einem Grinsen verbreiterte, mit dem sie die Huldigung entgegennahm. Sie spürte nichts vom Abscheu und vom Ekel, die in meinem Blicke lagen. Ich lächelte nicht, aber sie mißdeutete meinen Ernst als Andacht, wie sie einem todkranken Genie gebührte und da es sich alles in dieser Gedenkkapelle abspielte, die sie ihrem Glück errichtet hatte, gehörte auch die Andacht ihr.“

Elias Canetti, 1933

Mahlers Unvollendete

Das Manuskript der Sinfonie Nr. 10 umfasst 72 Seiten eines vollständigen Partiturentwurfs und 93 Seiten Particell. Unter Particell versteht man ein Partiturgerüst, in diesem Fall aus vier Zeilen, das thematische Linien, Kontrapunkt und Harmonien zweifelsfrei abbildet. Außerdem hat Mahler einzelne Lautstärke- und Instrumentationshinweise notiert sowie zahlreiche verbale Interpretations- und andere, oft sehr private, gar intime Anmerkungen. Was fehlt, sind Füllstimmen und durchgehende Instrumentation. Daraus sei nicht zwingend auf eine asketisch-archaische Absicht Mahlers zu schließen, betont der Berliner Musikforscher Mathias Hansen, der immer wieder davor warnt, über der Konzertfassung den fragmentarischen Charakter des Materials zu vergessen. Auch ist davon auszugehen, dass Mahler manche Feinheit – wie in seinen anderen Sinfonien – grundlegend verändert hätte, gerade an wichtigen Übergängen und „Scharnierpassagen“, Anfängen und Schlüssen.

Die zehnte Sinfonie ist wie schon die zweite, fünfte und siebente fünfsätzig konzipiert. Besonders im Vergleich zur siebenten kommt ihr der Rang eines komplementären Gegenentwurfs zu. 1. und 5. Satz stehen in langsamem Zeitmaß, gleichwohl sie intern nochmals symmetrisch gegliedert sind. Die Sätze 2 und 4 verkörpern den Typus Scherzo. Zwischen ihnen „steigt der schmale Turm des Purgatorio-Scherzo empor“ (Alma Mahler, 1923).

Eis-Adagio

Das Eröffnungs-Adagio, mit 28 Minuten Spieldauer nahezu gleich lang wie das geplante Finale, wird häufig allein aufgeführt, da es bis ins Detail am sichersten purer Mahler ist. Gleichwohl gilt auch hier: Das Adagio war nicht als Einzelstück gedacht, die Fertigstellung von fremder Hand sollte nicht über den Fragmentzustand hinwegtäuschen. Der erschütternde Satz bezieht seine suggestive Kraft aus dem Prinzip der „morphologischen Variation“.

Im Gegensatz zur „Charaktervariation“ der Klassik und Romantik bleiben bei Mahler Charakter und Inhalt immer gleich, während die Gestalt unablässig variiert. Die erste Figur, ein Pianissimo-Thema, gehört den Bratschen ganz allein. Es steht in Eis-Dur (Eis – Fisis – Gisis – Ais – His – Cisis – Disis – Eis). Wenn das kein Zeichen ist! Im zweiten Thema kreuzen und verzweigen sich zwei hochexpressive Melodiebögen, die ihrerseits aus zum Zerreißen weit auseinandergespannten und erst seit Richard Wagner etablierten Intervallen bestehen, etwa der Septime und der None. Das dritte Thema leitet sich aus dem zweiten ab, nimmt jedoch flatternde, irrlichternde Trillermotive hinzu, die später im 3. Satz abgewandelt wiederkehren. Kulminationspunkt des 1. Satzes ist der brachial und unvermittelt losorgelnde Choral und in seinem Gefolge ein schneidend scharfer, über sieben qualvolle Takte ausgehaltener Neuntonakkord. Jener Neuntonklang ist inzwischen berühmt in der Musikgeschichte als Vision der Neuen Musik, als Allegorie des Todes, als das katastrophische Symbol schlechthin. Der Satz verdampft förmlich ins sphärische Nichts.

„Es scheint, die Neunte ist eine Grenze. Wer darüber hinaus will, muß fort“, orakelte Arnold Schönberg 1913 in einer Gedenkrede auf Gustav Mahler. „Es sieht aus, als ob uns in der Zehnten etwas gesagt werden könnte, was wir noch nicht wissen sollen, wofür wir noch nicht reif sind. Die eine Neunte geschrieben haben, standen dem Jenseits zu nahe. Vielleicht wären die Rätsel dieser Welt gelöst, wenn einer von denen, die sie wissen, die Zehnte schriebe.“

Texte © Steffen Georgi

Vladimir Jurowski

Vladimir Jurowski ist seit 2017 Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des RundfunkSinfonieorchesters Berlin (RSB). 2023/2024 setzten seine Konzerte, Tourneen und Aufnahmen die Glanzpunkte der Jubiläumssaison „RSB100“. Sein aktueller Vertrag in Berlin läuft bis 2027. Parallel dazu ist er seit 2021 Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper in München.

Vladimir Jurowski, einer der gefragtesten Dirigenten unserer Zeit, der weltweit für seine innovativen musikalischen Interpretationen und ebenso für sein mutiges künstlerisches Engagement gefeiert wird, wurde 1972 in Moskau geboren und absolvierte den ersten Teil seines Musikstudiums am Music College des Moskauer Konservatoriums. 1990 siedelte er mit seiner Familie nach Deutschland über und setzte seine Studien an den Musikhochschulen in Dresden und Berlin fort. 1995 debütierte er beim irischen Wexford Festival mit Rimski-Korsakows „Mainacht“ und 1996 am Royal Opera House Covent Garden mit „Nabucco“. Anschließend war er Erster Kapellmeister der Komischen Oper Berlin (1997-2001).

Bis 2021 arbeitete Vladimir Jurowski fünfzehn Jahre lang als Chefdirigent des London Philharmonic Orchestra (LPO) und wurde inzwischen zu dessen „Conductor Emeritus“ ernannt. In Großbritannien leitete er von 2001 bis 2013 als Musikdirektor der Glyndebourne Festival Opera eine breite Palette von hochgelobten Produktionen. Seine enge Verbindung zum britische Musikleben wurde im Frühjahr 2024 von König Charles III. dadurch gewürdigt, dass er Vladimir Jurowski zum Honorary Knight Commander of the Most Excellent Order of the British Empire (KBE) ernannte. Im April 2024 kehrte Vladimir Jurowski als Gast nach London zurück, um mit dem LPO in der Royal Festival Hall den konzertanten Aufführungszyklus von Wagners „Ring“ mit der „Götterdämmerung“ zu vollenden.

Ebenfalls bis 2021 war er Künstlerischer Leiter des Staatlichen Akademischen Sinfonieorchesters „Jewgeni Swetlanow“ der Russischen Föderation und Principal Artist des Orchestra of the Age of Enlightenment in Großbritannien, außerdem Künstlerischer Leiter des Internationalen GeorgeEnescu-Festivals in Bukarest. Darüber hinaus arbeitet er seit vielen Jahren mit dem Ensemble unitedberlin zusammen. Die Auftritte in Russland hat Vladimir Jurowski seit Februar 2022 ausgesetzt. Ukrainische Werke sind und bleiben Bestandteil seines Repertoires ebenso wie die Werke russischer Komponisten.

Vladimir Jurowski hat Konzerte der bedeutendsten Orchester Europas und Nordamerikas geleitet, darunter die Berliner, Wiener und New Yorker Philharmoniker, das königliche Concertgebouworchester Amsterdam, das Cleveland und das Philadelphia Orchestra, die Sinfonieorchester Boston und Chicago, das Tonhalle-Orchester Zürich, die Sächsische Staatskapelle Dresden und das Gewandhausorchester Leipzig. Er gastiert regelmäßig bei den Musikfestivals in London, Berlin, Dresden, Luzern, Schleswig-Holstein und Grafenegg. Obwohl Vladimir Jurowski von Spitzenorchestern aus der ganzen Welt als Gastdirigent eingeladen wird, konzentriert er seine Aktivitäten inzwischen auf jenen geographischen Raum, den er unter ökologischem Aspekt mit vertretbarem Aufwand gut erreichen kann.

Yefim Bronfman

Yefim Bronfman gilt weltweit als einer der bedeutendsten Pianisten unserer Zeit. Seine imposante Technik, seine Kraft und seine hohe Interpretationskunst werden von Fachpresse und Publikum gleichermaßen geschätzt und bewundert. Er gehört zu jenem illustren Kreis von Künstlern, die sich steten Interesses bei Festivals, Orchestern, Dirigenten und Rezitalveranstaltern erfreuen.

Als gefragter Tourneepartner der weltweit besten Orchester und Dirigenten ist er zum Saisonauftakt mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra und dem NDR Elbphilharmonie Orchester in Konzerten in Europa zu erleben, gefolgt von einer Tournee durch China und Japan mit den Wiener Philharmonikern. In den USA führen ihn in der Spielzeit 2024/2025 Wiedereinladungen zu den Orchestern in Cleveland, New York, Houston, Portland, Los Angeles, Philadelphia, Baltimore, Miami, Sarasota und Pittsburgh, in Europa ist er als Solist zu Gast in Hamburg, Helsinki, Berlin, Lyon und Wien. Im Frühjahr 2025 präsentiert er ein neues Rezitalprogramm in der Carnegie Hall, dem voraus gehen Aufführungen in Austin, St. Louis, Stillwater OK, San Francisco, Santa Barbara, Washington DC, Amsterdam, Rom, Lissabon and Spanien. Besonders hervorzuheben sind zudem zwei Kammermusikprojekte, ein Duoprogramm mit Emmanuel Pahud im Herbst in Europa und ein Trioprojekt mit Anne-Sophie Mutter und Pablo Ferrández im Frühjahr in den USA.

Bronfman arbeitet regelmäßig mit Dirigenten wie Daniel Barenboim, Herbert Blomstedt, Semyon Bychkov, Riccardo Chailly, Christoph von Dohnányi, Gustavo Dudamel, Charles Dutoit, Daniele Gatti, Valery Gergiev, Alan Gilbert, Vladimir Jurowski, Zubin Mehta, Riccardo Muti, Andris Nelsons, Yannick Nézet-Séguin, Sir Simon Rattle, Esa-Pekka Salonen, Jaap van Zweden, Franz Welser-Möst und David Zinman. Im Sommer ist er gern gesehener Gast bei den großen Musikfestivals in Europa und den USA. Als leidenschaftlicher Kammermusiker hat Bronfman mit Pinchas Zukerman, Martha Argerich, Magdalena Kožená, Anne-Sophie Mutter, Emmanuel Pahud und vielen anderen musiziert. 1991 spielte er gemeinsam mit Isaac Stern eine Reihe von Rezitalen in Russland. Das waren seine ersten öffentlichen Auftritte dort seit seiner Emigration nach Israel im Alter von 15 Jahren.

Yefim Bronfman wird weithin für seine Solo-Aufnahmen und seine Kammermusik- und Orchesteraufnahmen gerühmt. Sechsmal war er für einen GRAMMY® Award nominiert, 1997 gewann er den begehrten Preis für seine Einspielung der Bartók-Konzerte mit Los Angeles Philharmonic unter Esa-Pekka Salonen. Sein umfangreicher Aufnahmekatalog enthält Werke für zwei Klaviere von Rachmaninow und Brahms mit Emanuel Ax, die Klavierkonzerte von Prokofjew mit dem Israel Philharmonic Orchestra unter Zubin Mehta, eine Aufnahme mit Werken von Mozart und Schubert mit den Zukerman Chamber Players und den Soundtrack zu Disneys Fantasia 2000. Zu seinen jüngsten Veröffentlichungen gehören die 2014 für einen GRAMMY® nominierte Aufnahme von Magnus Lindbergs Klavierkonzert Nr. 2 mit New York Philharmonic unter Alan Gilbert (DaCapo), Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 1 mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Mariss Jansons, die Rezital-Aufnahme „Perspectives“ und die Einspielung aller Klavierkonzerte Beethovens, inklusive des Tripelkonzerts mit Gil Shaham und Truls Mørk, begleitet vom Tonhalle-Orchester Zürich unter David Zinman (Arte Nova/BMG).

Auf DVD erhältlich sind seine Interpretation des zweiten Klavierkonzerts von Franz Liszt mit den Wiener Philharmonikern unter Franz Welser-Möst in Schönbrunn (2010, Deutsche Grammophon), Beethovens fünftes Klavierkonzert mit dem Concertgebouworkest unter Andris Nelsons, aufgenommen im Rahmen des Lucerne Festivals 2011, Rachmaninows drittes Klavierkonzert mit den Berliner Philharmonikern und Sir Simon Rattle (EuroArts) sowie beide Brahms-Konzerte mit The Cleveland Orchestra unter Franz Welser-Möst (2015).

Yefim Bronfman wurde in Tashkent/Sowjetunion geboren. 1973 emigrierte er mit seiner Familie nach Israel. Hier studierte er bei Arie Vardi an der Rubin Academy of Music in Tel Aviv. Später setzte er seine Studien in den USA an der Juilliard School, der Marlboro School of Music und am Curtis Institute of Music bei Rudolf Firkušný, Leon Fleisher und Rudolf Serkin fort. Bronfman ist Empfänger des Avery Fisher Prize, eine der höchsten Auszeichnungen für amerikanische Musiker.

RSB-Abendbesetzung

Violine 1

Ofer, Erez
Nebel, David
Herzog, Susanne
Yoshikawa, Kosuke
Neufeld, Andreas
Morgunowa, Anna
Pflüger, Maria
Stangorra, Christa-Maria
Ries, Ferdinand
Kynast, Karin
Bondas, Marina
Tast, Steffen
Drechsel, Franziska
Feltz, Anne
Beckert, Philipp
Polle, Richard
Stoyanovich, Sophia
Kim, Myung Joo

Violine 2

Contini, Nadine
Simon, Maximilian
Drop, David
Eßmann, Martin
Petzold, Sylvia
Manyak, Juliane
Draganov, Brigitte
Bara-Rast, Ania
Seidel, Anne-Kathrin
Hetzel de Fonseka, Neela
Palascino, Enrico
Sak, Muge
Khatchatryan, Davit
Shalyha, Bohdan
Cazac, Cristina
Moroz, Georgii

Viola

Regueira-Caumel, Alejandro
Adrion, Gernot
Zolotova, Elizaveta
Silber, Christiane
Drop, Jana
Inoue, Yugo
Yoo, Hyelim
Maschkowski, Anastasia
Yu, Yue
Olgun, Berkay
Sullivan, Nancy
Chomarat, Abigail
Ito, Sae
Kreuzpointner, Isabel

Violoncello

Hornig, Arthur
Riemke, Ringela
Breuninger, Jörg
Weiche, Volkmar
Bard, Christian
Boge, Georg
Weigle, Andreas
Kalvelage, Anna
Meiser, Oliwia
Kleimberg, Élise
Walmsley, Gregory
Bastian, Josephine
Moreno, Ana

Kontrabass

Wömmel-Stützer, Hermann
Figueiredo, Pedro
Rau, Stefanie
Schwärsky, Georg
Buschmann, Axel
Ahrens, Iris
Moon, Junha
Wheatley, Paul
Tarbert, Alexander

icon

Flöte

Schaaff, Ulf-Dieter
Döbler, Rudolf
Schreiter, Markus
Dallmann, Franziska

Oboe

Bäcker, Matthias
Grube, Florian
Vogler, Gudrun
Herzog, Thomas

Klarinette

Kern Michael
Pfeifer, Peter
Simpfendörfer, Florentine
Zacharias, Ann-Kathrin

Fagott

Seidel, David
Shin, Ysol
Voigt, Alexander
Bensch, Florian

Horn

Kühner, Martin
Holjewilken, Uwe
Stephan, Frank
Hetzel de Fonseka, Felix

Trompete

Kupriianov, Roman
Ranch, Lars
Hofer, Patrik
Takeda, Mai

Posaune

Manyak, Edgar
Vörös, József
Hauer, Dominik
Lehmann, Jörg

Tuba

Kániya, Péter
Schmidt, Jannik

Harfe

Edenwald, Maud

Pauke

Wahlich, Arndt

Schlagzeug

Thiersch, Konstantin

Kooperation

Bildrechte

Orchesterbilder © Peter Meisel
Bilder Vlaimir Jurowski © Peter Meisel
Bilder Yefim Bronfman © Peter Meisel