Digitales Programm
Mo 09.10. Moderierte Probe
19:00 Haus des Rundfunks
Die Veranstaltung wird von rbbKultur gefilmt. Das Video wird demnächst in der Mediathek von rbb Kultur verfügbar sein. Wir informieren noch über den genauen Veröffentlichungszeitpunkt.
Richard Strauss
„Don Quixote“ – Fantastische Variationen über ein Thema ritterlichen Charakters op. 35
Besetzung
Vladimir Jurowski, Dirigent
Alejandro Regueira Caumel, Viola
Konstanze von Gutzeit, Violoncello
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Diese moderierte Probe findet in Kooperation mit der Süddeutschen Zeitung statt.
Richard Strauss
„Don Quixote“ – Fantastische Variationen über ein Thema ritterlichen Charakters op. 35
Du sollst beim Dirigieren nicht schwitzen, nur dem Publikum soll warm werden.
Richard Strauss, 1927
Heute beschießen und beschmieren Menschen aus unserer Nachbarschaft harmlose S-Bahnzüge, werfen Steine auf Autobahnen und Schienen. Und ja, sie kämpfen auch gegen Windmühlenflügel, sollten diese zu einem Windrad gehören, das in der Nähe doch nur den Kohlenstoffdioxidausstoß auch ihres immensen Energiehungers reduzieren helfen soll. Die Quixotes von heute sind zahlreich – und weitaus aggressiver und gemeingefährlicher in ihrem Wahn als das historische Vorbild.
Miguel de Cervantes Saavedra (1547 – 1616) stammte selbst aus verarmtem spanischem Kleinadel (Hidalgo) und führte ein turbulentes Leben als Seefahrer, geriet in algerische Gefangenschaft, lebte fünf Jahre lang als Sklave und konnte erst 1580 mit dem gesamten Vermögen seiner Familie freigekauft werden. Später des Steuerbetruges bezichtigt und in einen Mordfall verwickelt, retteten ihn nur einflussreiche Gönner vor größerer Unbill. Seine literarischen Werke, Romane und Novellen, gehören zu den herausragenden Renaissance-Dichtungen und wurden in viele Sprachen übersetzt. So lernte man Don Quichote bereits 1621 in Deutschland kennen: als „Don Kichote de la Mantzscha. Das ist: Junker Harnisch aus Fleckenland.“
Phantastischer Phantasierer Strauss
Ursprünglich als bloße Satire gedacht, geriet der „scharfsinnige Edle“ zum ersten literarischen Exempel eines Menschen, der in einer Welt der Imagination die Wirklichkeit nicht mehr erkennen kann. Generationen von Philosophen, Science-Fiction-Autoren und Filmregisseuren sollte das Thema in den folgenden 400 Jahren beschäftigen.
Als sich Richard Strauss, etablierter Kapellmeister in München und Herr über außergewöhnliche kreative Kräfte, 1897 (nach „Don Juan“, 1888; „Till Eulenspiegels lustige Streiche“, 1895 und „Also sprach Zarathustra“, 1896) von Cervantes’ satirischem Roman „El ingenioso Hidalgo Don Quichote de la Mancha“ (1605/1615) zu seiner vierten großen Tondichtung anregen ließ, befand er sich in opulenter Gesellschaft. Seit Purcell, Caldara und Telemann hatten sich über 50 Komponisten dem „Ritter von der Traurigen Gestalt“ musikalisch genähert, unter ihnen Dittersdorf, Salieri, Donizetti, Moniuszko und Rubinstein. Abendfüllende Opern verfassten Jules Massenet und Wilhelm Kienzl.
Richard Strauss dürfte außer den bizarren Figuren des Ritters und seines Knappen Sancho Panza vor allem „der sprechende Kontrast von heroischer Traumwelt und kläglicher Wirklichkeit, von genialer Phantasiekraft und realer Welterfahrung“ (Ernst Krause) gereizt haben. Geistsprühend verschwendet Strauss sein Talent an augenzwinkernde Episodenmalerei. „Er ist sehr originell“, lobt er die eigene Erfindung 1898 gegenüber seiner Mutter, „durchaus neu in den Farben und eine recht lustige Vorführung aller Schafsköpfe, die’s aber nicht gemerkt haben“.
Spott lässt sich fabelhaft komponieren
Zwei Themen konstituieren den Ablauf. Das des Ritters gehört dem Solo-Violoncello; Sancho Pansa wird vorgestellt von Bassklarinette und Tenortuba, spielt dann auf der Solo-Bratsche weiter.
Der ausführlichen Einleitung folgen die einzelnen Abenteuer. Nach dem Fiasko mit der Windmühle wogt schon der nächste Gegner heran – leise blökend. Tremolo vielfach geteilter Bratschen, Einwürfe gedämpfter Bläser: Eine Hammelherde naht in voller Wolle! Tollkühn zersprengt unser Held die gefährliche Kampfformation.
Einem spitzfindigen Dialog zwischen dem verwirrten Edlen und seinem sehenden Begleiter (Variation III) folgt der Angriff Don Quichotes auf eine Prozession.
Die gefangene Prinzessin (das Marienbild) gilt es loszuschlagen – die frommen Pilger verprügeln ihn dafür. Von Sancho Pansa aus höchster Not befreit, hört man den Erschöpften rechtschaffen schnarchen: Glissando von Basstuba und Kontrafagott. Dann zeigt ein verliebt jauchzendes Violoncello unseren Ritter inbrünstig Liebe schwörend unterm Fenster seiner angebeteten Dulcinea (Variation V).
Des Knappen gutgemeinter Trost, nämlich eine derbe Bäuerin zu beschaffen für den Ritter, lehrt selbigen das Fürchten (Variation VI). Nun ist Zeit für den berühmten Ritt durch die Lüfte. Flöten flattern, Sturm heult (Windmaschine!), das Blech schmettert das Quixote-Thema – Wagners „Walkürenritt“ und Berlioz’ „Hexensabbat“ lassen gleichermaßen eifrig grüßen.
In Variation VIII erfahren der Draufgänger und sein Schutzengel, dass Wasser keine Balken hat, um gleich darauf zwei böse Zauberer in die Flucht zu schlagen – mit quäkendem Fagottgedudel illustriert Strauss die zwei verschreckten Mönche, denen der Angriff galt.
Erst in Variation X trifft Quixote auf seinen Meister, der dem Besiegten das Versprechen abnimmt, weitere Heldentaten andere begehen zu lassen.
Verklärend verabschiedet sich Strauss von seinem Verirrten. Das Publikum hielt den Komponisten 1898 nach der Uraufführung durch Franz Wüllner und das Kölner Gürzenich-Orchester selbst für einen solchen.
Steffen Georgi
„Don Qichotterien“
Das dazugehörige Konzert mit „Don Qichotterien“ von Georg Philipp Telemann, Joseph Bodin de Boismortier, Maurice Ravel, Jacques Ibert und Richard Strauss findet am 12. Oktober 2023, 20.00 Uhr im Konzerthaus Berlin statt.
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Kooperation
Die Veranstaltung wird von rbbKultur gefilmt. Das Video wird demnächst in der Mediathek von rbb Kultur verfügbar sein. Wir informieren noch über den genauen Veröffentlichungszeitpunkt.