Digitales Programm

So 12.03. Philippe Herreweghe

20:00 Philharmonie

Mo 13.03. Philippe Herreweghe

20:00 Konzerthaus

Wolfgang Amadeus Mozart

Sinfonie C-Dur KV 551 („Jupiter“)

Pause

Wolfgang Amadeus Mozart

Messe für Soli, Chor und Orchester c-Moll KV 427
(Fassung von Howard Chandler Robbins Landon)

Besetzung

Philippe Herreweghe, Dirigent

Katharina Konradi, Sopran

Eva Zaïcik, Sopran II

Ilker Arcayürek, Tenor

Mikhail Timoshenko, Bass

Collegium Vocale Gent

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin

 

Jeweils 19.10 Uhr, Südfoyer (Philharmonie) bzw. Ludwig-van-Beethoven-Saal (Konzerthaus)

Konzerteinführung von Steffen Georgi

C-Dur, c-Moll

Nach Jupiter, dem Größten, dem römischen Zeus, wurde sie von Nachgeborenen benannt, jene so bewunderte wie rätselhafte C-Dur-Sinfonie des „späten“, mithin damals 32-jährigen Mozart. Philippe Herreweghe, erstmals beim RSB, reißt mit der Sinfonie förmlich die Himmel auf, wo im Anschluss ein weiteres Wunder aus der Feder Mozarts geschaut werden kann. 1782 in Salzburg komponiert, nicht beendet, später von Mozart als musikalischer Steinbruch verwendet für die weltliche Kantate „Davidde penitente“, zeichnet sich die c-Moll-Messe gleichwohl durch einen inneren Glanz und eine lyrische Erhabenheit aus, die sie in den Rang eines unbestreitbaren Meisterwerkes erhebt. Geschuldet ist ihr Gestus unter anderem der Faszination Mozarts für Händel und Bach, Komponisten, deren Werke er seinerzeit im Haus Gottfried van Swietens in Wien ausführlich kennen und schätzen gelernt hat.

Texte von Steffen Georgi ©

Podcast „Muss es sein"

Wolfgang Amadeus Mozart

Sinfonie C-Dur KV 551

„Man sagt, wenn die Engel für Gott spielen, so spielen sie Bach, füreinander aber spielen sie Mozart.“

Isaiah Berlin, britischer Philosoph (1909 – 1997)

Wolfgang Amadeus Mozart

(1756 – 1791)

Sinfonie C-Dur KV 551 („Jupiter“)

Allegro vivace
Andante cantabile
Menuetto. Allegretto – Trio
Molto allegro

Auf Augenhöhe mit Zeus alias Jupiter

„Denn könnt ich jedem Musikfreunde, besonders aber den Großen, die unnachahmlichen Arbeiten Mozarts so tief und mit einem solchen musikalischen Verstande, mit einer so großen Empfindung in die Seele prägen, als ich sie begreife und empfinde: so würden die Nationen wetteifern, ein solches Kleinod in ihren Ringmauern zu besitzen. ... Mich zürnet es, daß dieser einzige Mozart noch nicht bey einem kaiserlichen oder königlichen Hofe engagiert ist. Verzeihen Sie, wenn ich aus dem Geleise komme: ich habe den Mann zu lieb.“

Joseph Haydn

Mit diesem emphatischen Kompliment hat nicht etwa einer der spendablen Gläubiger von Mozart sein Engagement zu begründen versucht, sondern es stammt von Mozarts älterem Kollegen und väterlichem Freund Joseph Haydn. Als Haydn im Winter 1790 nach England aufbricht – wo er bekanntlich der Gattung der Sinfonie einen gewaltigen Schub verleihen wird –, verabschiedet ihn Mozart am 14. Dezember mit dringenden Warnungen, er sei doch zu alt für ein solches Abenteuer, spreche kein Englisch. Überdies werde er, Mozart, ihn schwer vermissen. „Da nicht anzunehmen ist, dass Haydn den jüngeren Freund wegen der Reise um Rat gefragt hat, suchen wir dahinter nach Mozarts Motiven; gewiss lag ihm ein unbewusster Akt der Identifikation zugrunde: Gern wäre er selbst nach London gegangen, und gern hätte er seinen Verzicht auch dem Freund aufgezwungen...“ (Wolfgang Hildesheimer)

Möglicherweise ist es die einzigartige Künstlerfreundschaft zwischen Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart, der wir die Entstehung der drei letzten Sinfonien Mozarts zu verdanken haben.

Schon einmal hatte der junge Mozart mit sechs höchst kunstvollen Quartetten (ohne Kompositionsauftrag!) auf Haydns maßstabsetzende Streichquartette op. 33 geantwortet – musikalischer Wettbewerb auf vornehmstem, edelstem Niveau. 1788 – Mozart war inzwischen als Komponist so reif wie professionell geworden – mochten es die 1785/1786 entstandenen sechs Pariser Sinfonien Haydns gewesen sein, die einen ähnlich ehrgeizigen Schaffensreiz bei Mozart auslösten wie seinerzeit die Quartette. Dies würde nicht nur die Existenz der „großen Drei“ (Es-Dur KV 543, g-Moll KV 550 und C-Dur KV 551) hinreichend erklären, sondern sogar ihre singuläre Qualität plausibel machen. Mozart kannte Haydns Pariser Sinfonien spätestens seit 1787, als sie bei Artaria in Wien gedruckt erschienen waren. In dieser Druckfassung folgen Haydns Sinfonien Nr. 82, 84, 86 aufeinander – also C-Dur, g-Moll und Es-Dur!

Offenbarungen in C-Dur

Bereits für die Themenexposition des Allegro-vivace-Kopfsatzes der C-Dur-Sinfonie schöpft Mozart aus dem Vollen. Das ausgedehnte Hauptthema baut er aus zwei kontrastierenden Motiven – einer feierlichen Fanfare und einem gesanglichen Gedanken. Über einen dominantischen Orgelpunkt gleitet er zum chromatisch tastenden Seitenthema hinüber, das, ähnlich dramaturgisch wirksam, aus zwei unterschiedlichen Motiven angelegt ist. Schelmisch lässt Mozart es sich in einer Sackgasse verrennen. Generalpause. Mitten hinein in den Widerhall der Unbekümmertheit knallt ein c-Moll-„Schreckschuss“ (Jahn/Abert), nicht ganz enst gemeint. Der sofortigen Dur-Aufhellung antwortet eine Schlussgruppe, mit tänzerischer Leichtigkeit das Thema einer Konzertarie aus demselben Jahr aufgreifend („Un bacio di mano“ KV 541).

Wolfgang Amadeus Mozart

Mozart setzt dieser Exposition die Krone auf, indem er alle Motive untereinander kontrapunktisch verknüpft. Diese substantielle Geschlossenheit macht seinen reifen sinfonischen Stil aus, seinen ureigenen, charakteristischen Beitrag zum Modell des Sonatensatzes. Dass alle vier Sätze thematisch eng miteinander verwandt sind, versteht sich vor solchem Hintergrund fast von selbst. Analytiker haben herausgefunden, dass sämtliche reichgefächerten Themen der C-Dur-Sinfonie auf eine einzige zehntönige „Grundformel“ zurückgeführt werden können, die im Finale sogar wörtlich in der ersten Violine erklingt. Doch auch wenn alle Themengestalten, sogar Überleitungsteile und Schlussgruppen, von dieser „Formel“ abgeleitet scheinen, darf bei Kenntnis von Mozarts Kompositionsweise sehr bezweifelt werden, dass er derart konstruktivistisch vorgegangen ist.

In verhangenem Streicherklang hebt das Andante cantabile an. Seine erste Melodie erweist mit asymmetrischen Akzenten Joseph Haydn Referenz, mehr noch, es durchbricht mit seinen unrunden elf Takten die klassische achttaktige Periode. Vorübergehend sucht Mozart dramatischere c-Moll-Regionen auf, die über eine chromatische Leiter in Richtung lichtes C-Dur wieder verlassen werden.

Das so unauffällige wie großartige Menuett umspielt mehr noch als das Andante das Themenmaterial, welches in der gesamten Sinfonie allgegenwärtig ist.

Die Krönung

Ein Zeichen des neuen Sinfoniemodells Mozarts ist es, dass die ganze Komposition Ziel und Höhepunkt im Finale findet. Es handelt sich hier nicht um einen Fugensatz im strengen Sinne, wie es die noch immer kursierende Bezeichnung von KV 551 als „Sinfonie mit der Schlussfuge“ glauben machen möchte. Vielmehr präsentiert Mozart einen überaus kunstvoll gearbeiteten Sonatensatz, in den fugierte Teile zum Zweck der Erweiterung der Form und der Steigerung des Ausdrucks eingelassen sind.

Aus nur vier Tönen besteht der von Mozart und anderen Komponisten vielfach verwendete Themenkopf des Hauptthemas, der auf eine Melodie von Josquin Desprez (um 1450-1521) zurückgeht.

Josquin Desprez

Halb spöttisch nachahmend, halb weich widersprechend antwortet das Nebenthema. Noch zwei weitere kurze Themen werden vorgestellt. Dann verstrickt ein von kontrapunktischen Achtelketten umranktes, dichtes Gewebe den Zuhörer in heillose Konfusion, jagt abwechselnd auf- und abwärts, wird von der Pauke trotz aller polyphonen Verästelungen zu immer neuer, grandioser Geschlossenheit gerufen. Aus dem Netz chromatisch geführter Stimmen und Gegenstimmen und dem Strudel einer wilden harmonischen Achterbahnfahrt der Durchführung führt Mozart jeden verwirrten Geisterfahrer unversehens und unversehrt zurück in die helle C-Dur-Welt der Reprise. Feierlich schließt dieselbe mit Pauken und Trompeten – und gibt geheimnisvoll den Weg frei für eine noch unglaublichere Coda. Diese Coda allein hätte genügt, um Mozart auf den Olymp der Unsterblichkeit zu katapultieren. Sein stupendes kompositorisches Genie krönt die Sinfonie nach einer breit grundierenden Umkehrung des Hauptmotivs mit einem fünfstimmigen Fugato.

Dieses Fugato enthält ausschließlich die vier Themen des Finales. Kein einziger Ton, keine Stimme ist hinzugefügt oder weggelassen! Diese schier ideale Kristall-, ja Diamantstruktur kommt so beiläufig und klangvoll daher, als wäre sie das Normalste auf der Welt und hätte sich rein zufällig ergeben.

Sarastro – Jupiter

Arnold Schering nannte eben diese Coda im Finale dieser Sinfonie, welche aus Mozarts eigener Sicht und mit Blick auf die tiefen Erkenntnisse der „Zauberflöte“ auch die „Sarastro“-Sinfonie hätte heißen können, das bis dato höchste Zeugnis des „Entwicklungsweges der menschlichen Psyche“. Anton Bruckner fühlte sich von ihr herausgefordert zum Finale seiner fünften Sinfonie. Pjotr Tschaikowsky sprach von einem „Wunder sinfonischer Musik“. Und Johann Peter Salomon, der Londoner Konzertunternehmer, der Joseph Haydn nach London holte, fühlte sich veranlasst, Mozarts C-Dur-Sinfonie den Namen „Jupiter“ zu verleihen, des römischen Pendants zum griechischen Göttervater Zeus. Keine schlechte Idee, wenn man den Titel mit der Charakterisierung Jupiters in der „Götterlehre“ (1791) von Karl Philipp Moritz vergleicht: „Gottheit, die das Spielende und Zarte, so wie das Majestätische und Hohe in sich vereinte und selber sich in tausend Gestalten hüllte“.

Wolfgang Amadeus Mozart

Messe c-Moll KV 427

Philippe Herreweghe

Wolfgang Amadeus Mozart

Messe für Soli, Chor und Orchester c-Moll KV 427

(Fassung von Howard Chandler Robbins Landon)

Kyrie
Kyrie eleison

Gloria
Gloria in excelsis Deo
Laudamus te
Gratias
Domine Deus
Qui tollis
Quoniam
Jesu Christe – Cum sancto spirito

Credo
Credo in unum Deum
Et incarnatus est

Sanctus
Sanctus, sanctus, sanctus – Osanna in excelsis

Benedictus
Benedictus – Osanna in excelsis

„Ich schwöre Ihnen bei meiner Ehre, dass ich Salzburg nicht leiden kann“

Die Missa in C-Dur KV 317, später Krönungsmesse geheißen, hatte 1779 ein zerknirschter Dreiundzwanzigjähriger komponiert, dem gerade die schönsten Blütenträume einer glänzenden Karriere als Komponist und Virtuose in Paris verwelkt waren, und der sich entmutigt nun doch zum erzbischöflichen Hofkomponisten im heimatlichen Salzburg berufen ließ. Vergeblich hatte er sich gesperrt gegen seinen treusorgenden Vater und dessen Bemühungen, ihn in die muffige Provinzgesellschaft hineinzupressen. Mit seinem hochfahrenden Stolz machte er sich keine Freunde unter dem ihm umgebenden Mittelmaß und beeindruckte er keinen Erzbischof. Doch er musste für Brot und Bett bleiben und „den Hof und die Kirche nach Möglichkeit mit neuen, von ihm verfertigten Kompositionen bedienen“. Erst das spätere „Geheiß ins Gesäß“, mit dem Graf Arco sich über Mozarts Entlassungsgesuch aus fürsterzbischöflichen Diensten lustig machte, brachte den notwendigen Schub, um den genialen Musiker 1781 nach Wien übersiedeln und dort ein Leben als freier Künstler beginnen zu lassen – frei von lästigen Verpflichtungen, frei aber auch von festen Einkünften.

Messe zur Buße

Nun, 1783, kehrt Wolfgang Amadeus Mozart besuchsweise zurück in die verhasste geliebte Heimat. Er hat seine Kunst und sein Leben im Griff, fühlt sich frei und unabhängig. Doch der Vater grollt dem Treulosen noch immer. Jetzt droht dieser auch noch, seine unwillkommene Frau mitzubringen, die er ohne den Segen Leopolds und in dessen Abwesenheit 1782 geheiratet hat. Der Erzbischof straft den verlorenen Sohn der Mutter Kirche mit Geringschätzung. Die Musikerkollegen neiden dem Genie aus ihrer ehemaligen Mitte den vermeintlichen Platz an der Wiener Sonne. Seine Frau, die nicht Mozarts erste Wahl war, sondern die Schwester seiner ersten Wahl, hatte vor wenigen Wochen unter schwierigen Umständen das erste Kind zur Welt gebracht. Nun soll sie, kaum genesen und ohne ihr Kind, den Antrittsbesuch beim Schwiegervater absolvieren und sich obendrein als Sängerin in Salzburg empfehlen. Im Sommer 1783 stirbt das Kind in Abwesenheit der Eltern. Nicht frei von Schuldgefühlen tut Mozart seinen Verwandten, Freunden und seiner Geburtsstadt Buße. Er gelobt, eine Messe zu komponieren, so wie sündige Ritter eine Kirche oder eine Kapelle stiften um ihres Seelenfriedens willen.

Die Messe wird nicht fertig, zu gering die Motivation für solche Art Kirchenmusik, zu groß die Enttäuschung im Moment des Zurückgeworfenwerdens auf die eigene Vergangenheit? Das Werk bleibt Torso, wird bei der mutmaßlichen Salzburger Aufführung Ende Oktober 1783 in der Kirche des Benediktinerstifts St. Peter unter Mitwirkung der gesamten Hofmusik, Wolfgang Amadeus Mozarts und seiner Frau Konstanze um Teile aus früheren Messen von Mozart ergänzt und dient dem Komponisten später als musikalischer Steinbruch für die biblische Kantate „Davide penitente“.

Im Geiste Händels

Doch Mozart wäre nicht Mozart, wenn er sich seiner selbstgestellten Aufgabe nicht konzentriert und in hoher Qualität gewidmet hätte.

Nicht dass er sich mit Herzblut verschliss in den wenigen kirchenmusikalischen Kompositionen seit 1779 – in Wien gab es für so etwas keine Verwendung. Jedoch fügte er im Rahmen seiner von Zeitgenossen unerreichten Möglichkeiten dem Genre Bedeutendes hinzu.

Die c-Moll-Messe blieb trotz oder vielleicht wegen ihrer Monumentalität stilistisch zwischen den Stühlen. Einerseits schlug sich die bemerkenswerte Bach-Händel-Begeisterung nieder, in die Mozart seit April 1782 durch die Begegnung mit Baron Gottfried van Swieten versetzt worden war.

Baron Gottfried van Swieten

Der österreichische Diplomat van Swieten hatte während seiner Dienstjahre in Berlin (1770-1777) Händelsche Oratorien kennengelernt und zahlreiche Partituren barocker Meister gesammelt. Nach Wien zurückgekehrt, suchte er diese Händel- und Bach-Vorliebe auch dort zu wecken. Ab 1782 veranstaltete er in seiner Wohnung und auch öffentlich vielbeachtete Aufführungen Händelscher Oratorien, für die er z.B. Wolfgang Amadeus Mozart als Bearbeiter und Dirigent gewinnen konnte. Mozart instrumentierte 1789/1790 die Oratorien „Acis und Galatea“, „Messias“, „Alexanderfest“ und die „Cäcilienode“. Haydns unter Händels Vorbild entstandene Oratorien „Die Schöpfung“und „Die Jahreszeiten“erlebten in van Swietens Konzerten ihre Uraufführungen und Beethoven, der mit Baron van Swieten befreundet war, bezeichnete Händel unter dem Eindruck seiner Musik als den größten Komponisten, der je gelebt habe.

Monumentales Fragment

Unverkennbar gewann Mozarts Messe aus diesen Erfahrungen an Erhabenheit und Monumentalität und an polyphoner Durchdringung in den Chorsätzen, ein Merkmal, ohne dass keine seiner folgenden vergleichbaren Kompositionen mehr auskam.

Über das Verdikt des Fürsten, eine Messe habe nicht länger zu dauern als 45 Minuten, habe sich aller opernhaften Äußerlichkeiten und aller verworrenen Fugenkomposition zu enthalten, setzte sich Mozart mit demonstrativer Geste schon in der unvollständigen c-Moll-Messe hinweg. Auch die Kirchenmusikreform des österreichischen Kaisers Joseph II. machte allen ernsthaften Komponisten das Leben schwer.

Die Arien ließ Mozart in den damals veralteten italienischen Opernstil zurückfallen, vielleicht, weil der dem Salzburger Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo in der Kirchenmusik so verhasst war? Der Mozart-Biograf Hermann Abert hat die Arie „Et incarnatus“ gar als „schlimmstes Neapolitanertum“ gegeißelt. Richtiger scheint, dass die Qualität dort liegt, wo sie bis dahin nicht vermutet worden ist: hinter der dramatischen Fassade – im filigranen Bereich gleichsam kammermusikali­scher Transparenz, im zarten Leuchten der durch alle Höhen und Tiefen geführten Solostimme.

Das Messefragment geriet in Vergessenheit, bis die Musikwissenschaft im 20. und 21. Jahrhundert Quellen offenlegte und ergänzende Bearbeitungen vornahm, die Konzertaufführungen ermöglichten.

Mittlerweile gibt es Autoren, die Mozarts Messe KV 427 für das bedeutendste geistliche Werk Mozarts halten – trotz des ebenfalls unvollständigen Requiems –, welches einzigartig dastehe zwischen Bachs h-Moll-Messe und Beethovens Missa solemnis.

Aus dieser Überzeugung heraus fehlt es nicht an Versuchen, das Werk zu Ende zu komponieren. Allerdings existieren von Mozart für die zwar überaus festlich angelegte Messe nur das Kyrie und das Gloria sowie vom Credo die Teile bis zum „Et incarnatus“ (wobei hier bereits die Streicherstimmen fehlen). Ferner liegen das Sanctus und das Osanna in fünf Stimmen vor (geplant war ein achtstimmiger Doppelchor), sowie das Soloquartett des Benedictus. Für sämtliche Ergänzungsfassungen mussten die Autoren folglich die fehlenden Stimmen der erhaltenen Fragmente ergänzen, vor allem aber alle fehlende Messteile des Credo sowie das Agnus Dei und das abschließende Dona nobis pacem vollständig neu komponieren.

Ermuntert durch Mozart selber, der die Messe zur der Kantate „Davide penitente“ umgearbeitet hatte, versuchten sich bis heute zahlreiche Kapellmeister, Musikwissenschaftler und Komponisten an der Vervollständigung: Joseph Drechsler (1847), Aloys Schmitt (1901), Helmut Eder (1987), Franz Beyer (1989), Richard Maunder (1990), Phillip Wilby (2004), Robert D. Levin (2004), Benjamin Gunnar Cohrs (2013), Thomas Cornelius (2015) bis hin zu Clemens Kemme (2017) und Ulrich Leisinger (2019).

Die erste kritische Ausgabe des Fragments hatte der amerikanischen Mozart-Forscher Howard Chandler Robbins Landon 1956 in der Edition Eulenburg, Zürich, vorgelegt. Für diese „Rumpffassung“ hat sich Philippe Herreweghe für die heutige Aufführung entschieden, weil sie sich an den puren Mozart-Quellen orientiert und eben ohne Agnus Dei und ohne jene Teile des Credoauskommt, die bei Mozart fehlen.

Messetext

(deutsche Übersetzung, mit fehlenden Teilen von KV 427 in Kursiv)

Herr, erbarme dich.
Christus, erbarme dich.
Herr, erbarme dich.

Ehre sei Gott in der Höhe
und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade.

Wir loben dich,
wir preisen dich,
wir beten dich an,
wir rühmen dich
und danken dir,
denn groß ist deine Herrlichkeit:
Herr und Gott, König des Himmels,
Gott und Vater, Herrscher über das All,

Herr, eingeborener Sohn, Jesus Christus.
Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters,
du nimmst hinweg die Sünde der Welt:
erbarme dich unser;
du nimmst hinweg die Sünde der Welt:
nimm an unser Gebet;
du sitzest zur Rechten des Vaters:
erbarme dich unser.

Denn du allein bist der Heilige,
du allein der Herr,
du allein der Höchste: Jesus Christus,

mit dem Heiligen Geist,
zur Ehre Gottes des Vaters.

Amen.

Wir glauben an den einen Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
der alles geschaffen hat, Himmel und Erde,
die sichtbare und die unsichtbare Welt.

Und an den einen Herrn Jesus Christus,
Gottes eingeborenen Sohn,
aus dem Vater geboren vor aller Zeit:
Gott von Gott, Licht vom Licht,
wahrer Gott vom wahren Gott,
gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater;
durch ihn ist alles geschaffen.

Für uns Menschen und zu unserem Heil
ist er vom Himmel gekommen,
hat Fleisch angenommen
durch den Heiligen Geist
von der Jungfrau Maria
und ist Mensch geworden.

Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus,
hat gelitten und ist begraben worden,
ist am dritten Tage auferstanden nach der Schrift
und aufgefahren in den Himmel.
Er sitzt zur Rechten des Vaters.
und wird wiederkommen in Herrlichkeit,
zu richten die Lebenden und die Toten;
seiner Herrschaft wird kein Ende sein.
Wir glauben an den Heiligen Geist,
der Herr ist und lebendig macht,
der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht,
der mit dem Vater und dem Sohn
angebetet und verherrlicht wird,
der gesprochen hat durch die Propheten,
und die eine, heilige, katholische
und apostolische Kirche.
Wir bekennen die eine Taufe
zur Vergebung der Sünden.
Wir erwarten die Auferstehung der Toten
und das Leben der kommenden Welt.
Amen.

Heilig, heilig, heilig Gott,
Herr aller Mächte und Gewalten.

Erfüllt sind Himmel und Erde von deiner Herrlichkeit.
Hosanna in der Höhe.

Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn.
Hosanna in der Höhe.

Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt:
erbarme dich unser.

Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt:
erbarme dich unser.

Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt:
gib uns deinen Frieden.

Abendbesetzung, Kurzbiographien

Philippe Herreweghe

Philippe Herreweghe wurde in Gent geboren und kombinierte dort sein Universitätsstudium mit einer musikalischen Ausbildung am Konservatorium. Zur selben Zeit begann er zu dirigieren und gründete 1970 das Collegium Vocale Gent.

Schon bald wurde Philippe Herreweghes lebendiger, authentischer und rhetorischer Ansatz der Barockmusik gelobt. 1977 gründete er in Paris das Ensemble La Chapelle Royale, mit dem er Musik des französischen Goldenen Zeitalters zur Aufführung brachte. Er schuf verschiedene Ensembles, mit denen er eine adäquate und gründliche Lesart eines Repertoires von der Renaissance bis zu zeitgenössischer Musik zu geben wusste. So war das Ensemble Vocal Européen auf Renaissancepolyphonie spezialisiert und das 1991 gegründete Orchestre des Champs-Élysées zur Interpretation des romantischen und vorromantischen Repertoires auf Originalinstrumenten.

Zu den Höhepunkten der Saison 2021/22 zählen Gastdirigate bei den Wiener Symphonikern, dem Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia, den Münchner Philharmonikern, der Sächsischen Staatskapelle Dresden, dem Orchestre Philharmonique de Radio France, dem Philharmonia Orchestra London sowie der Mahler Chamber Orchestra Academy. Des Weiteren wird Philippe Herreweghe im Mai 2022 anlässlich seines 75. Geburtstages gemeinsam mit dem Orchestre des Champs-Élysées Mahlers Das Lied von der Erde auf den Konzertbühnen Europas präsentieren. Zusammen mit dem Collegium Vocale Gent begibt er sich unter anderem mit der Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach auf Europatournee.

Im September 2021 folgt Philippe Herreweghe mit Konzerten gemeinsam mit dem Orchestre des Champs-Élysées und Collegium Vocale Gent einer Wiedereinladung zum Musikfest Bremen. Nachdem er bereits 1996 sein Musikfest-Debüt mit dem Chor und Orchester des Collegium Vocale Gent gab, wird er in 2021 mit dem Musikfest-Preis Bremen für sein herausragendes künstlerisches Wirken geehrt.

Wegen seiner konsequenten künstlerischen Vision und seines Engagements wurde Philippe Herreweghe verschiedentlich geehrt. 1990 wählte ihn die europäische Musikpresse zur „Musikpersönlichkeit des Jahres.“ Zusammen mit dem Collegium Vocale Gent wurde Philippe Herreweghe zum „Kulturbotschafter Flanderns“ ernannt. Ein Jahr später wurde ihm der Orden des Officier des Arts et Lettres zuerkannt und 1997 erhielt er einen Doktor honoris causa der Katholischen Universität Leuven. 2003 empfing er in Frankreich den Titel des Chevalier de la Légion d’Honneur. Im Jahr 2010 verlieh die Stadt Leipzig Philippe Herreweghe die Bach-Medaille für seine großen Verdienste als Bach-Interpret. 2017 erhielt Philippe Herreweghe die Ehrendoktorwürde der Universität Gent.

Katharina Konradi

Die in Bischkek geborene Katharina Konradi ist die erste aus Kirgistan stammende Sopranistin im Lied-, Konzert- und Opernfach weltweit. 2009 begann sie ihre Gesangsausbildung bei Julie Kaufmann in Berlin, der ein Masterstudium in Liedgestaltung bei Christiane Iven und Donald Sulzen an der Hochschule für Musik und Theater München folgte. Meisterklassen bei Helmut Deutsch und Klesie Kelly-Moog gaben der Sopranistin weitere musikalische und künstlerische Impulse.

Nach ersten Engagements an der Kammeroper München und am Theater Hof als Anne Frank in der Monooper Das Tagebuch der Anne Frank von Grigori Frid wurde Katharina Konradi 2015 für drei Jahre Mitglied im Ensemble des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, wo sie bereits viele wichtige Partien ihres Fachs sang: darunter Pamina, Gretel, Adele, Susanna, Zerlina und Nannetta. Infolge ihres bemerkenswerten Debüts in Hamburg (Ännchen in Webers Freischütz) wurde Katharina Konradi mit der Saison 18/19 ins Ensemble der Hamburgischen Staatsoper engagiert. In derselben Spielzeit gab sie ihr Debüt als Zdenka in R. Strauss` Oper Arabella an der Semperoper in Dresden.

Im Sommer 2019 gab Katharina Konradi ihr Debüt bei den Bayreuther Festspielen. Dort singt sie die Rolle des jungen Hirten bei der Eröffnung in der Tannhäuser-Neuproduktion (Inszenierung: Tobias Kratzer) unter der Leitung von Valery Gergiev, sowie eines von Klingsor`s Zaubermädchen im Parsifal (Leitung: Symeon Bychkov). Im Juni 2020 wird sie erstmals an einem Opernhaus in Frankreich zu hören sein: An der Opéra de Lyon gibt sie die Susanna in der Neuproduktion von Mozarts Le Nozze di Figaro (Inszenierung: der französische Filmregisseur Olivier Assayas). Wichtige Rollen ihres Fachs erwarten sie an ihrem Stammhaus, der Hamburgischen Staatsoper, darunter Pamina, Despina in Mozarts Così fan tutte und Musetta in La Bohème.

Seit Herbst 2018 wird die junge Künstlerin von der BBC im Rahmen des New-Generation-Artist-Programms über zwei Jahre mit diversen Engagements und Aufnahmen in Großbritannien gefördert. Bereits der Gewinn des Deutschen Musikwettbewerbs 2016 war der Anstoß für wichtige Konzerte: 2017 wirkte sie bei der Saisoneröffnung des NDR Elbphilharmonie Orchesters unter Thomas Hengelbrock mit, kurz darauf debütierte sie, ebenfalls unter Thomas Hengelbrock, beim Orchestre de Paris. Weitere Engagements bei renommierten Orchestern wie dem Tonhalle-Orchester Zürich, den Bamberger Symphonikern, dem Sinfonieorchester des MDR, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen sowie dem Balthasar-Neumann-Ensemble unter Dirigenten wie Manfred Honeck, Paavo Järvi und Lionel Bringuier folgten. In der Saison 2019/2020 wird Katharina Konradi unter anderem mit Haydns Nelson-Messe unter Kent Nagano in Hamburg und mit Mozarts c-Moll-Messe unter Leopold Hager in Porto zu erleben sein.

Ein großes Anliegen der jungen Sopranistin ist der Liedgesang. Im Sommer 2018 gastierte sie u. a. beim Mozartfest Würzburg, beim Kammermusikfest in Lockenhaus, beim WDR und im spanischen Tuesta. Veranstalter und Presse sprachen bei der Eröffnung der Schubertiada Vilabertran von einer echten „Sternstunde“. Im Sommer 2019 kehrte sie mit einem Liederabend dorthin zurück. Weitere Auftritte in der Saison 2019/2020 führen sie u. a. in Barcelona, Köln, Essen und in Londons Wigmore Hall. Katharina Konradi war Gast in der arte-Sendung „Stars von morgen“ bei Rolando Villazón und wirkte bei einer filmischen Dokumentation über Clara Schumann mit (Regie: Andreas Morell), die im September 2019 erstmals auf arte ausgestrahlt wurde.

Eva Zaïcik

2018 wurde die junge Mezzosopranistin Eva Zaïcik – eine der renommiertesten Opernsängerinnen ihrer Generation – bei den „Victoires de la Musique Classique“ mit dem Preis „Revelation Opera Singers“ ausgezeichnet und erhielt Preise bei zwei renommierten internationalen Wettbewerben: 2. Preis beim Königin-Elisabeth-Wettbewerb in Belgien und 3. Preis beim Wettbewerb „Voix Nouvelles“.

Bereits 2016 wurde sie beim ADAMI-Nachwuchswettbewerb zur „Opernsängerin der Offenbarung“ gewählt, dem Jahr, in dem sie ihren Master in Gesang am Pariser Konservatorium (Conservatoire National Supérieur de Musique et de la Danse de Paris) mit Auszeichnung absolvierte, nachdem sie bei Élène Golgevit studiert hatte.

Ihr goldenes Timbre, ihr beeindruckender Tonumfang und ihre Bühnenpräsenz hatten ihr bereits einen Platz in der 8. Session von William Christies Jardin des Voix mit Les Arts Florissants eingebracht, und weitere Rollen folgten rasch: die Titelrolle in Dido und Aeneas an den Opern von Rouen und Versailles, La Messaggiera in Monteverdis Orfeo an der Oper von Dijon, Lybie in Lullys Phaeton an den Opern von Perm und Versailles mit dem Poème Harmonique, Caliste in Lullys Les Amants Magnifiques auf einer Tournee in Frankreich mit Le Concert Spirituel und die 3. Dame in Mozarts Zauberflöte mit Les Talens Lyriques an den Opern von Limoges, Dijon und Caen.

2018-2019 ist für sie eine arbeitsreiche Saison, sowohl auf der Bühne als auch auf der Konzertbühne: eine Frankreich-Tournee mit den anderen Gewinnern der „Voix Nouvelles 2018“; eine Reihe von Opernarienkonzerten mit dem Orchestre des Pays de Savoie (Freiburg, Royaumont, La Grange au lac, Ville la Grand); eine Tournee mit Les Arts Florissants für Händels Dixit Dominus; eine Europatournee, bei der sie die Alt-Soli im Mozart-Requiem mit dem Orchestre des Champs-Élysées (Philippe Herreweghe) singt; und eine Frankreich-Tournee mit dem Insula Orchestra (Laurence Equilbey). Außerdem singt sie Rossinis Messa di Gloria an der Oper von Limoges, Pergolesis Stabat Mater mit dem Poème Harmonique und gibt Liederabende mit dem Pianisten Romain Louveau am Théâtre Impérial de Compiègne und an der Oper von Rouen. Gemeinsam mit Justin Taylor und seinem Consort wird sie auf einer Europatournee mehrere Barockprogramme präsentieren (u. a. beim AMUZ-Festival in Antwerpen und im Brügger Concertgebouw). Eines dieser Programme, das den französischen Kantaten gewidmet ist, wird von Alpha aufgenommen und soll im Februar 2019 erscheinen.

Sie wird die Titelrolle in Carmen am Théâtre Impérial de Compiègne spielen, die Speranza in Monteverdis Orfeo am Théâtre des Champs-Élysées an der Seite des Gesangs-, Spiel- und Regieduos Emilio Gonzalez Toro/Thomas Dunford und die Sélyzette in Dukas‘ Ariane und Blaubart am Théâtre du Capitole in Toulouse.

Die Saison 2019-2020 umfasst die Saisoneröffnung mit dem Aalborg Sinfonik-orkester in Berlioz‘ Les Nuits d’été; Monteverdis Marienvesper mit Raphaël Pichon; mehrere Projekte mit Le Poème Harmonique (Aufnahme von Cadmus und Hermione…); eine Tournee mit Les Arts Florissants für ein Händel-Rezital; Beethovens Missa Solemnis mit dem Collegium Vocale Gent…

Die Zukunft sieht ebenso vielversprechend aus: 2021-2022: Venus in Campra’s Idoménée (Opéra de Lille, Staatsoper Berlin); Händels Messias mit dem Stravanger Symphony Orchestra; die Titelrolle von Carmen und Rosina in Il Barbiere di Seviglia am Théâtre du Capitole in Toulouse; Mozarts Requiem mit Philippe Herreweghe.

Eva Zaïciks Eklektizismus und ihre Sensibilität sowohl für die Musik als auch für den interkulturellen Dialog sind die Quelle für Begegnungen mit allen Ausdrucksformen, die die Gesangsstimme bieten kann.

Sie interessiert sich auch sehr für zeitgenössische Musik und sang 2016 die Rolle der Nelly in Betsy Jolas‘ Iliade l’Amour und brachte mehrere Werke von Vincent Bouchot zur Uraufführung…

Sie ist in zahlreichen renommierten Konzertsälen in Frankreich und im Ausland aufgetreten, darunter Philharmonie de Paris, Aix en Provence, Chorégies d’Orange, Avignon, Oude Muziek d’Utrecht, Festival Messiaen, Diaghilev Festival de Perm, Auditorio Nacional Madrid, Tchaïkovsky Concert Hall, Barbican Center, Royal Albert Hall de Londres, Seoul, unter der Leitung großer Dirigenten wie Alain Altinoglu, Leonardo Garcia Alarcòn, Vincent Dumestre, Marco Guidarini, Emmanuelle Haïm, Philippe Herreweghe, René Jacobs, Cornelius Meister, Hervé Niquet, David Reiland, Christophe Rousset.

Sie hat auch die Rollen der Ottavia (Monteverdis L’Incoronazione di Poppea), Proserpina (Monteverdis L’Orfeo), Melibea (Rossinis Il Viaggio a Reims), Farnace (Mozarts Mitridate), Cherubino (Mozarts Le Nozze di Figaro) gesungen, Judith (Bartóks A Kékszakallù Herceg Vara), Diane à la Houppe (Honeggers Les Aventures du Roi Pausole) und Ernesto (Haydns Il Mondo della Luna) mit dem Atelier Lyrique de l’Opéra de Paris.

Ilker Arcayürek

Der in Istanbul geborene und in Wien aufgewachsene Tenor Ilker Arcayürek hat sich in den letzten Jahren zu einem der aufregendsten und vielseitigsten Gesangskünstler entwickelt. Er ist Gewinner des Internationalen Kunstliedwettbewerbs der deutschen Hugo-Wolf-Akademie, Finalist des BBC Cardiff Singer of the World 2015 und war ein BBC Radio 3 New Generation Artist.  Er wurde ausgewählt, um bei Ronaldo Vilazon’s „Stars of Tomorrow“ für ARTE aufzutreten. 2017 veröffentlichte Champs Hill Records sein erstes Soloalbum „Der Einsame“ mit Schubert-Liedern in Begleitung von Simon Lepper, das von der Kritik sehr gelobt wurde. Seine neueste Aufnahme mit Simon mit dem Titel „Path of Life“ für Prospero Classical wurde für 2 OPUS KLASSIK Awards nominiert.

Auf dem Konzertpodium hat er mit Orchestern wie dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Tonkünstler-Orchester, dem Tokyo Philharmonic, dem RSO Wien, dem Orchestre National de Belgique, dem Orchestre National de Lyon, dem Danish Chamber Orchestra, dem Netherlands Radio Philharmonic gearbeitet, Amsterdam Sinfonietta, Antwerp Symphony, Royal Philharmonic Orchestra und Royal Northern Sinfonia unter Dirigenten wie Mariss Jansons, Ivor Bolton, Laurence Equilbey, Mirga Gražinytė-Tyla, Philippe Herreweghe, Riccardo Minasi, Mikhail Pletnev, Lars Vogt, Adam Fischer, Simon Halsey und Marin Alsop.

Ilker war Mitglied des Studios der Oper Zürich (2009-2013), Ensemblemitglied des Stadttheaters Klagenfurt (2013-2015) und des Staatstheaters Nürnberg (2015-18). Er sang verschiedene Rollen wie Tamino (Die Zauberflöte), die Titelrolle Idomeneo, Don Ottavio (Don Giovanni), Ferrando (Così fan tutte) und Rodolfo (La Bohème).

Als Gastkünstler trat Ilker am Teatro Real Madrid in Kasper Holtens Inszenierung von Wagners Das Liebesverbot, bei den Münchner Opernfestspielen der Bayerischen Staatsoper in der Uraufführung von Nikolaus Brass‘ Die Vorübergehenden, bei den Salzburger Festspielen in Donizettis Lucrezia Borgia, an der Volksoper Wien in Lortzings Zar und Zimmerman, an der Oper Graz Lyonel in Flotows Martha und in der Titelrolle von Webers Oberon auf.

Im Sommer 2019 gab Ilker sein US-Operndebüt in der Rolle des Nadir (Les Pêcheurs de Perles) an der Santa Fe Opera. Im Jahr 2022 gab er sein Debüt an der Canadian Opera Company als Tamino in Die Zauberflöte, und für die Opera Vlaanderen und die Opéra National de Montpellier sang er die Rollen des Ariel, Pater Ecstaticus (Szenen aus Goethes Faust).

Neben seinem Engagement für das Sinfonie- und Opernrepertoire ist Ilker ein leidenschaftlicher Vertreter des Liedes und arbeitet mit Pianisten wie Simon Lepper, Hartmut Höll, Ammiel Bushakevitz, Daniel Heide und Wolfram Rieger zusammen.  Er gab Liederabende beim Edinburgh International Festival, in der Wigmore Hall, der Schubertiada Vilabertran, deSingel Antwerpen, bei den Innsbrucker Festwochen und im Bibliotheksaal Polling.  Sein mit Spannung erwartetes Debüt in den USA gab er im Februar 2019 in der Park Avenue Armory in New York und bei San Francisco Performances, begleitet von dem Pianisten Simon Lepper.

Mikhail Timoshenko

Mikhail Timoshenko ist bekannt für die Schönheit seines Timbres und seine herausragende Musikalität.

Der gebürtige Russe begann seine musikalische und theatralische Ausbildung in Mednogorsk in der Gesangsklasse von Tatiana Mayorova und studierte dann in Weimar und Berlin (Hans Eisler) in der Klasse von Michail Lanskoi.

Von 2015 bis 2017 war er Mitglied der Akademie der Opéra National de Paris und spielte die Hauptrolle in dem Dokumentarfilm von Jean-Stéphane Bron “L’Opéra“, der einen Blick hinter die Kulissen der Pariser Oper wirft. Er trat in zahlreichen Konzerten im Konzertsaal Amphithéâtre der Bastille-Oper auf. Er sang in der Weltpremiere von Joanna Lees Vol Retour und spielte die Rolle des Pluton (Monteverdis L’Orfeo). Er sang Spencer Coyle
(Owen Wingrave), Hymas und Tirtée (Les Fêtes d’Hébé) in Paris und in London, Erster Handwerksbursch (Wozzeck), Silvano (Un Ballo in Maschera), Mitioukha (Boris Godunov) auf der Hauptbühne der Bastille Opera.

Mikhail ist Preisträger zahlreicher Wettbewerbe, unter anderem gewann er 2016 den Internationalen Maria Callas Grand Prix und, zusammen mit seiner Lied-Duo-Partnerin Elitsa Desseva, erste Preise bei „Franz Schubert und die Moderne“, Graz, der Hugo-Wolf-Gesellschaft Stuttgart und dem Wigmore Hall Competition, sowie den zweiten Preis beim Schubert-Lied-Duo-Wettbewerb Dortmund.

Zu den Höhepunkten seiner ersten professionellen Spielzeiten gehören die Weltpremiere der Kammeroper En Silence (von Alexandre Desplat) in Luxemburg und Paris-Bouffes du Nord, Orlik in Tschaikowskys Mazeppa an der Ópera de Oviedo, Moser in I Masnadieri an der Opera Monte Carlo, Masetto in Don Giovanni an der Pariser Opéra Garnier und am Opernhaus Düsseldorf, Figaro in Le Nozze di Figaro an der Opéra national de Lorraine in
Nancy, „Magic Mozart“ in Luxemburg, Ottokar (Der Freischütz) im Konzerthaus Berlin, Mozart Requiem (Tournée unter Philippe Herreweghe).

Seine Projekte für die Saison 2021/22 und die folgenden : Mozart Requiem in St. Petersburg und in Moskau (Dirigent Teodor Currentzis), Masetto in Paris, Erster Handwerkbursch (Wozzeck) in Paris, Albert (Werther) in Lausanne, Marcello (La Bohème) in Toulouse, Chtchelkalov (Boris Godounov) in Toulouse und in Paris/TCE.

Seit 2009 gibt er Wohltätigkeitskonzerte für Kinder mit psychischen Störungen in Russland. In Zusammenarbeit mit der autonomen gemeinnützigen Organisation „Touch“ in Orenburg unterstützt er mehrere Internate für geistig behinderte Kinder.

Collegium Vocale Gent

Im Jahr 1970 beschloss eine Gruppe befreundeter Studenten auf Initiative von Philippe Herreweghe, das Collegium Vocale Gent zu gründen. Das Ensemble wendete als eines der ersten die neuen Erkenntnisse in der Aufführungspraxis von Barockmusik auf Vokalmusik an. Dieser authentische, textgerichtete und rhetorische Ansatz achtete auf einen durchsichtigen Klang, wodurch das Ensemble schon bald auf allen wichtigen Konzertpodien und Musikfestivals weltweit gastierte.

Inzwischen entwickelte sich das Collegium Vocale Gent auf organische Weise zu einem äußerst flexiblen Ensemble mit einem breiten Repertoire aus verschiedenen Stilepochen. Der größte Trumpf besteht darin, dass für jedes Projekt eine bestmögliche Besetzung zusammengebracht wird. Musik der Renaissance wird durch ein Ensemble von sechs bis zwölf Sängern ausgeführt. Die deutsche Barockmusik und insbesondere die Vokalwerke von J.S. Bach waren und bleiben ein Herzstück. Heutzutage führt das Collegium Vocale Gent diese Musik vorzugsweise mit einem kleinen Ensemble auf, wobei die Sänger sowohl Chor, als auch solistische Partien ausführen. Immer mehr beschäftigt sich das Collegium Vocale Gent auch mit dem romantischen, modernen und zeitgenössischen Chorrepertoire. Das Collegium wird dabei seit 2011 vom EU-Kulturprogramm unterstützt, und so konnte ein gemischter symphonischer Konzertchor entstehen, in dem junge Talente aus ganz Europa Seite an Seite mit erfahrenen Kollegen singen.

Zur Verwirklichung dieser Projekte arbeitet das Collegium Vocale Gent mit verschiedenen historisch informierten Ensembles wie dem Orchestre des Champs-Élysées, dem Freiburger Barockorchester, der Akademie für Alte Musik Berlin, aber auch mit international renommierten Sinfonieorchestern zusammen.

Das Collegium Vocale Gent wird unterstützt durch die Flämische Gemeinschaft, die Provinz Ostflandern und die Stadt Gent. Von 2011 bis 2013 war das Ensemble Botschafter der Europäischen Union.

Das RSB in der Philharmonie Berlin, Foto: Peter Meisel

RSB-Abendbesetzung

Violine 1

Wolters, Rainer
Nebel, David
Herzog, Susanne
Yoshikawa, Kosuke
Neufeld, Andreas
Kynast, Karin
Pflüger, Maria
Morgunowa, Anna
Feltz, Anne
Polle, Richard

Violine 2

Contini, Nadine
Simon, Maximilian
Drop, David
Seidel, Anne-Kathrin
Draganov, Brigitte
Eßmann, Martin
Manyak, Juliane
Hetzel de Fonseka, Neela
Färber-Rambo, Juliane
Bara, Ania

Viola

Rinecker, Lydia
Silber, Christiane
Zolotova, Elizaveta
Drop, Jana
Montes, Carolina
Shin, Hyeri
Balan-Dorfman, Misha
Burmeister, Daniel

Violoncello

Eschenburg, Hans-Jakob
Weiche, Volkmar
Albrecht, Peter
Boge, Georg
Bard, Christian
Wittrock, Lukas

Kontrabass

Wömmel-Stützer, Hermann
Rau, Stefanie
Gazale, Nhassim
Thüer, Milan

Flöte

Schaaff, Ulf-Dieter

Oboe

Esteban Barco, Mariano
Vogler, Gudrun

Fagott

Kofler, Miriam
Königstedt, Clemens

Horn

Ember, Daniel
Stephan, Frank

Trompete

Ranch, Lars
Niemand, Jörg

Posaune

Hölzl, Hannes
Hauer, Dominik
Lehmann, Jörg

Pauke

Wahlich, Arndt

Continuo

Schneider, Arno

Kooperation

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Bild- und Videoquellen

Portrait Philippe Herreweghe © Michiel Hendryckx

Portrai Katharina Konradi © Sonja Werner

Portrait Mikhail Timoshenko © Marine Cessat-Bégler

Portrait Ilker Arcayürek © Janina Laszlo

Portrait Eva Zaïcik © Victor Toussaint

Collegium Vocale Gent © Bas Bogaerts

Orchesterbilder © Peter Meisel