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Digitales Programm

Do 15.12. Kammerkonzert

19:30 Kühlhaus

Grigori Frid

Quintett für Klavier, zwei Violinen, Viola und Violoncello op. 72

Pause

Sergei Prokofjew

Ouvertüre über hebräische Themen für Klarinette, Klavier und Streichquartett c-Moll op. 34

Wolfgang Amadeus Mozart

Quintett für Klarinette, zwei Violinen, Viola und Violoncello A-Dur KV 581

Besetzung

Vladimir Jurowski, Klavier

Michael Kern, Klarinette

Erez Ofer, Violine

Nadine Contini, Violine

Alejandro Regueira Caumel, Viola

Hans-Jakob Eschenburg, Violoncello

 

Kammerkonzert im Kühlhaus Berlin

Das Kühlhaus Berlin ist einer der zentralen Orte in der Stadt. Es ist Teil der Architektur der frühen Industriegeschichte Berlins am Gleisdreieck, das den Krieg und mehr noch die Jahre des Wiederaufbaus nur fragmentarisch überlebte. Heute ist es ein Ort, der in Bewegung geraten ist. Durch eine private Initiative von Künstlern, Architekten und Berliner Unternehmen wurden Planungen aus den frühen 90er Jahren für den Abriss gestoppt und das Haus unter Denkmalschutz gestellt. Baustelle und zugleich Raum für Kunst, Konzerte und Veranstaltungen – so präsentiert sich das Haus heute.

Text von Steffen Georgi ©

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Grigori Frid

Klavierquintett der Einsamkeit

Grigori Frid, 1915 als Sohn eines Literaturjournalisten und einer Pianistin geboren, starb am 22. September 2012, seinem 97. Geburtstag, in Moskau. Seine Kindheit und Jugend waren die eines Umhergetriebenen im eigenen Land. Die Mutter siedelte sich auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg in verschiedenen Städten Russlands an, während der Vater nach Sibirien verbannt war. Mehrere Angehörige fielen Stalins Terror zum Opfer. 1927 folgte die Familie dem Vater nach Sibirien. So begann Grigori Frids Berufsweg als Musikstudent in Irkutsk. Ab 1935 studierte er am Konservatorium in Moskau bei Wissarion Schebalin und Genrich Litinski. So begabt wie er war, unterrichtete er ab 1936 selber Musiktheorie am Konservatorium und arbeitete als Komponist für den Rundfunk.

Im Krieg wurde er in Musikensembles an der Front und als Sanitäter eingesetzt. Von 1947 bis 1961 unterrichtete er erneut an der Musikschule des Konservatoriums Komposition. Seit der Gründung 1965 organisierte und leitete Grigori Frid den Moskauer Jugend-Musik-Klub. Der Club war ein Zufluchtsort für inoffizielle Aufführungen neuer Werke von Sofia Gubaidulina, Edison Denissow oder Alfred Schnittke. Bei einem dieser Gesprächskonzerte mit Alfred Schnittke lernte auch der junge Vladimir Jurowski den Komponisten Grigori Frid kennen.

1968/1969 komponierte Frid die 60-minütige Mono-Oper „Das Tagebuch der Anne Frank“ für eine Sopranistin mit variabler Begleitung und erhielt damit nach der Uraufführung in Moskau im Mai 1972 große internationale Aufmerksamkeit. Der Komponist verstand Anne Franks Tagebuch als ein bleibend aktuelles, philosophisches und zutiefst ethisches Dokument, in dem Freiheit und Würde des Menschen, Vorrang des Geistes vor dem Körper und des Bewusstseins vor der Materie zur Sprache kommen, aber auch die Einsamkeit einer Jugend, die ihre Positionen in einer Zeit verteidigen muss, in der alle Ideale zerbrechen. Das Wesen des Menschen zeige sich erst wirklich im individuellen Verhalten in konkreten, lebensbedrohenden Situationen.

Frid hinterließ eine Vielzahl von Instrumentalwerken, Liedern, Kammer-, Rundfunk- und Filmmusik. Er hat sich überdies als Maler und Schriftsteller einen Namen gemacht. Sowohl vor als auch nach dem Ende der UdSSR wurde er mit hohen Auszeichnungen geehrt. Es ist Zeit, seine Musik genauer kennenzulernen und einer tiefergehenden Auseinandersetzung zu unterziehen.

Am 14. März 2014 haben das in St. Petersburg gegründete Atrium-Quartett und der deutsche Pianist Oliver Triendl im Stadttheater Kempten die deutsche Erstaufführung von Grigori Frids Klavierquintett op. 72 aus dem Jahre 1981 vorgenommen. Seit 2021 liegt das Quintett in einer 2018 von Deutschlandfunk Kultur gemeinsam mit dem Label Capriccio produzierten CD-Einspielung vor, die Interpreten sind Elisaveta Blumina und das Vogler-Quartett. Heute Abend erklingt es erstmals beim Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin.

Beklemmende Aussichten

Ganz allein beginnt das Klavier den ersten Satz, Adagio, des Quintettes von Grigori Frid mit choralartigen Akkorden. Sie atmen Einsamkeit und Kontemplation. Dicht geschichtet antworten die vier Streicher mit Klängen, wie sie auch in der späten Kammermusik von Dmitri Schostakowitsch vorkommen. Das Klavier wiederholt mit ruhigen Gesten den Monolog. Nunmehr fächern sich die Streichinstrumente auf, kommentieren das Geschehen mit einzelnen Tönen, finden allmählich wieder zusammen, verdichten sich erneut, inzwischen nicht mehr in Wechselrede, sondern gleichzeitig mit dem Klavier. Beide Parteien stellen am Ende des sechsminütigen Satzes ihre Sicht der Dinge zwar respektvoll gemessen, dennoch unmissverständlich antagonistisch dar und bedienen sich dabei der Mittel althergebrachter musikalischer Rhetorik: denkbar unterschiedliche Aufwärts- und Abwärtsbewegungen, Lautstärkeänderungen und rhythmische Verdichtungen.

Ohne Übergang gleitet die Musik in den zweiten Satz, Moderato, hinüber. Ein spürbar schnelleres Tempo bringt nur scheinbar Bewegung in das Ganze. Der Klang bleibt asketisch. Das Klavier besteigt mit schier autistischem Impetus ein Perpetuum mobile, wo die Streicher nur gelegentliche Begleitakkorde von außen hinzufügen können.

Neue Hoffnung bringt eine synkopische Variante des ununterbrochenen Laufens, doch schnell verliert sich der Anschein des Leichtfüßigen wieder. Übrig bleibt ein ruhiges Pulsieren des Klaviers, unter dem die Streicher einzeln, aber gegenrhythmisch in Triolen, Achteln und Sechzehnteln murmeln. Nach neun Minuten endet der Satz auf einem fragenden Triller.

Wiederum attacca beginnt der dritte und letzte Satz. Noch langsamer als zu Beginn, im Zeitmaß Lento, intoniert das Klavier einen weiteren ausgedehnten Monolog.

Die Streicher antworten zunächst erneut synchron, versuchen es dann jeweils einstimmig mit wechselnden Rollen.

Schließlich verbinden sie sich behutsam wieder und es gelingt ihnen tatsächlich, das Klavier in ein sanft tänzerisches Spiel (Doppio movimento. Allegretto) einzubeziehen. Das Zaubermittel sind Idiome der jüdischen Volksmusik. Zum ersten Mal gemeinsam steigern sich alle fünf Instrumente zu großem musikalischem Ausdruck. Hier scheint als Gewährsmann Grigori Frids Zeitgenosse und Kollege Alfred Schnittke nicht fern. Es gelingt den Streichern noch, eine zweite tänzerische Episode zu beginnen. Diesmal schwindet die Energie nach wenigen Takten. Einsamkeit und Stille kehren zurück. Weitere Versuche des Zusammenkommens und gegenseitigen Aufrichtens finden nicht statt. Immer mehr zerfällt und verliert sich der Klang wie am Schluss der Sinfonie Nr. 15 von Schostakowitsch. Am Ende erstarrt er in minutenlanger Monotonie.

Sergei Prokofjew

Prokofjew spricht jiddisch

Unverkennbar ist der Klezmer-Charakter, der bereits den ersten Tönen jener Komposition von Sergei Prokofjew entspringt, die er 1919 in den USA für sechs seiner Landsleute verfasst hat und die seitdem als Ouvertüre über hebräische Themen für Klarinette, Klavier und Streichquartett op. 34 in die Musikgeschichte eingegangen ist. Die erste Komposition überhaupt für diese Besetzung!

Man trifft sich in Amerika

Am 21. April 1918 war in St. Petersburg in Russland die erste Sinfonie von Sergej Prokofjew erstmals erklungen, jene „Symphonie classique“, mit der der Mittzwanziger die Ewiggestrigen in der russischen Musikszene ärgern wollte. Doch das Jahr, in dem Europa in den Granaten und Gaswolken des Ersten Weltkriegs unterging und in welchem in Russland im Nachgang der Oktoberrevolution nicht nur ein verheerender Bürgerkrieg wütete, sondern zahlreiche Pogrome gegen Juden stattfanden, die Hunderttausende das Leben kosteten, war kein gutes Jahr für eines der humorvollsten Werke des 20. Jahrhunderts.

Immerhin bewunderte Anatoli Lunatscharski, der Kommissar für Volksbildung der jungen bolschewistischen Regierung, Prokofjews Sinfonie.

Von Prokofjew nach der Möglichkeit einer Auslandsreise befragt, antwortete Lunatscharski: „Warum wollen Sie Russland verlassen?“ Er sei ziemlich überarbeitet, entgegnete Prokofjew, und „möchte ein bisschen frische Luft schöpfen“. „Glauben Sie nicht, dass wir hier genug frische Luft haben?“ fragte der Volkskommissar. „Ja, aber ich möchte mich gern der Heilwirkung der Meeresluft aussetzen.“ Lunatscharski dachte ein paar Minuten nach, erzählte Prokofjew, dann sagte er heiter: „Sie sind ein musikalischer Revolutionär, wir sind Revolutionäre des Lebens, wir sollten zusammenarbeiten. Aber wenn Sie nach Amerika gehen wollen, so will ich Sie nicht daran hindern“. Prokofjew bekam seinen Pass für Auslandsreisen und machte sich auf in die Neue Welt.

Zehn Jahre später erst kehrte er zurück in die nun von Stalin beherrschte Sowjetunion.

Bis dahin ließ er keine Gelegenheit aus, sich mit russischen Landsleuten zu treffen. So wohnte er jenem Konzert bei, welches das russisch-jüdische Ensemble Zimro am 1. November 1919 in der New Yorker Carnegie Hall gab. Wenige Tage zuvor in Chicago war deren Auftritt der Höhepunkt der 22. Jahrestagung der American Zionist Federation gewesen, wo ein Journalist ihre Musik „eloquenter als die eifrigsten Redner“ erlebte. Das Ensemble Zimro (hebräisch: „Gesang“) hatte sich 1918 in Petrograd (heute wieder St. Petersburg) um den Klarinettisten Simeon Bellison gegründet. Als Ensemble der zionistisch orientierten „Gesellschaft für jüdische Volksmusik“ sahen sie ihre musikalische Aufgabe darin, als integraler Bestandteil der Anerkennung einer jüdischen Identität zu wirken, was ihr Bleiben im revolutionären Russland unmöglich machte. Sie unternahmen ab März 1918 eine mühsame Tournee durch den Osten Russlands, kamen über China und Südostasien schließlich in die USA, wo sie für immer blieben.

Simeon Bellison wurde später Soloklarinettist des New York Philharmonic.

Als Interpret und Lehrer prägte er zusammen mit David Bonade den Stil der klassischen Klarinettisten der USA für mehrere Generationen. Nach der Auflösung von Zimro im Jahre 1921 gründete Bellison das Nachfolgeensemble Stringwoods, für das er Komponisten wie Joseph Achron und andere interessieren konnte und mit dem er der jüdischen Musik gerade in der Besetzung Klarinette, Klavier und Streichquartett zu großer Popularität verhalf.

Ein Freylekhs für Zimro

„Im Herbst 1919 kam das jüdische „Zimro“-Ensemble nach Amerika. Es bestand aus einem Streichquartett, einer Klarinette und einem Klavier, allesamt Studienkollegen von mir am Petersburger Konservatorium. Sie sagten, sie wollten Geld für ein Konservatorium in Jerusalem sammeln. Aber das war nur, um die jüdische Bevölkerung Amerikas zu beeindrucken. Eigentlich verdienten sie kaum genug, um sich selbst am Leben zu erhalten. Sie hatten ein Repertoire ziemlich interessanter jüdischer Musik für verschiedene Besetzungen: für zwei Violinen, Trio, usw. Sie baten mich, eine Ouvertüre für sechs Instrumente zu schreiben und gaben mir ein Heft, in dem jüdische Melodien aufgezeichnet waren. Ich lehnte das zunächst ab, weil ich nur mein eigenes musikalisches Material verwendete, aber das Notizbuch blieb bei mir und ich blätterte es durch. Eines Abends wählte ich ein paar hübsche Themen aus und begann am Klavier zu improvisieren. Ich merkte bald, dass mehrere gut gelungene Passagen entstanden waren. Den nächsten Tag verbrachte ich damit, an den Themen zu arbeiten, und am Abend hatte ich die Ouvertüre fertig. Ich maß ihr keine große Bedeutung bei, aber sie hatte ziemlichen Erfolg.“ (Sergei Prokofjew)

Die Ouvertüre verwendet zwei traditionelle jiddische Melodien, einen „Freylekhs“ und das Hochzeitslied „Sajt gesunder heit“ (Bleibt gesund – der Abschied der Braut von ihren Eltern) als Haupt- und Seitenthema eines klassischen Sonatenhauptsatzes. Was Prokofjew wahrscheinlich gar nicht wusste, vielleicht aber der Musik entnahm: Der „Freylekhs“ (von jiddisch: freylekh = fröhlich) ist der bekannteste Tanz der osteuropäischen Juden, der Tanz des Shtetl. Die Ouvertüre über hebräische Themen hat bis heute nichts von ihrem Reiz verloren. Sie war von Anfang an so erfolgreich, dass Prokofjew sie 1934 zusätzlich für kleines Orchester bearbeitete.

Wolfgang Amadeus Mozart

Filmreif

Natschibi-Nitschibi (34) und Punki-Tititi (31) rumpeln in der Postkutsche von Wien gen Prag. Sie unterhalten sich und die Mitreisenden in trister Januartrübe mit albernen Späßen. Dann basteln sie an ihrem Geheimbund weiter, den sie gemeinsam gründen wollen: „la grotta“, radikaler, kompromissloser als die Freimaurer. Dort hatten sie sich kennengelernt. Angekommen in Böhmen, wohlweislich ohne ihre Frauen, die sich anderswo amüsieren, bringen die beiden Lebemänner das Geld durch, das sich Natschibi-Nitschibi von Punki-Tititi leiht, obwohl der selber chronisch klamm ist. Beide haben zu geborgtem Geld ein wahrhaft künstlerisches Verhältnis – wie zu einem wertvollen Gemälde oder zu einer Stradivari-Geige: Sie betrachten die materiellen Dinge als Dauerleihgabe.

Die Geschichte ist wahr in allen Details. Haben Sie die beiden jungen Männer erkannt? Ein Wunder, dass ihre Freundschaft noch nicht verfilmt wurde. Denn die Filmmusik wäre auch schon fertig.

In Frage kämen dafür das „Kegelstatt-Trio“, das Klarinettenkonzert A-Dur und „des Stadlers Quintett“, wie Wolfgang Amadeus Mozart jenes Werk selber nannte, das er 1789 für Anton Stadler (1753-1812) komponiert hatte.

Ihm, dem begnadeten Klarinettisten und zu allen Streichen aufgelegten Faktotum aus Mozarts Freundeskreis, dem Freimaurer-Logenbruder mit den großen Händen und einem roten Gesicht, widmete Mozart einige seiner persönlichsten Kompositionen. Das „Ribisel-G‘sicht“, wie ihn Mozart zärtlich nannte, wurde zu einer besonderen Stimme seiner musikalischen Gedanken spätestens ab 1786. Denn Stadlers Klarinettenton zeichnete ein der Singstimme ähnliches Timbre aus, wie das kaum einem anderen Klarinettisten des 18. Jahrhunderts gelang. Stadler spielte die instrumententechnisch noch junge Klarinette in den gebräuchlichen Stimmungen (C, B, A) und experimentierte darüber hinaus mit tieferen Instrumenten: Bassetthorn in F oder G und „Bassettklarinette“, eine A-Klarinette, deren Umfang in der Tiefe bis zum C erweitert war. Für dieses Instrument hatte Mozart ursprünglich sowohl sein Klarinettenquintett als auch sein Klarinettenkonzert geschrieben. Möglicherweise war es ausgerechnet Stadler, der Mozarts Autographe später verkauft oder verbummelt hat, so dass die Klarinettenwerke heute meist in den gedruckten Versionen für normale Klarinette aus dem frühen 19. Jahrhundert gespielt werden.

Klingende Freundschaft

Mozart nimmt auf unvergleichliche Weise die Fähigkeit der Klarinette zu instrumentalem Singen auf. Vollkommen selbstverständlich ergänzen sich im Quintett die fünf Partner zu gelöstem Musizieren in mildem Glanz. Aber sie widersprechen sich auch und reiben sich aneinander, so sehr, dass nach den kompositorischen Regeln des strengen Satzes das Klarinettenquintett eine ganze Reihe satztechnischer „Fehler“ aufweist. Seit mehr als 200 Jahren gibt es „Fachleute“, die sich die Mühe machen, Mozarts Verstöße aufzufinden. Dabei sind es gerade die Ausnahmen, die Grenzüberschreitungen und kleinen Widerhaken, die Mozarts Musik – und nicht nur seine – so einzigartig machen.

Mozarts Klarinettenquintett ist das erste seiner Art. Als Meisterwerk der Kammermusik steht es gleichrangig neben seinen Streichquintetten und ist zum Vorbild für Carl Maria von Weber, Johannes Brahms, Max Reger und etliche Komponisten des 20. Jahrhunderts geworden.

Quellwasser können tief sein

Die Tonart A-Dur teilen das Klarinettenquintett und das Klarinettenkonzert u.a. mit zwei Klavierkonzerten, KV 488 und KV 414. Hier wie dort offenbart sich Mozarts besondere Affinität zu dieser Tonart, die dem namhaften Musikpädagogen und Mozart-Vertrauten Georg Joseph „Abbé“ Vogler (1749-1814) besonders geeignet schien für „helle Gegenden“ und die Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-1791) in seinen „Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst“ (1784/85) so charakterisierte:

„Dieser Ton enthält Erklärungen unschuldiger Liebe, Zufriedenheit über seinen Zustand; Hoffnung des Wiedersehens beym Scheiden des Geliebten; jugendliche Heiterkeit und Gottesvertrauen.“

Doch bereits mit dem vierten Akkord bricht Mozart die strahlende A-Dur-Stimmung – auf die er später freilich immer wieder zurückkommen wird –, um eine zweite, melancholische Ebene einzuführen, jene des immer mitwandernden Schattens in der Paralleltonart fis-Moll.

Wenn nach dem eröffnenden und das Themenmaterial präsentierenden Allegro das nachfolgende Larghetto bereits die singuläre Qualität des langsamen Satzes des Klarinettenkonzertes erahnen lässt, so weist an dritter Stelle der Satzfolge das Menuett mit den beiden Trios einige Besonderheiten auf.

So ist das erste Trio allein den Streichern vorbehalten und wird zu einem der dissonantesten Quartettsätze, die Mozart je geschrieben hat – als ob die moderierende Stimme der Klarinette fehlte.

Das zweite Trio hingegen wird hauptsächlich von der Klarinette getragen. In beglückendem Länder-Gestus singt sie eine mitreißende Aufforderung zum Tanz. Der letzte Satz, ein Variationensatz, verbreitet „Zauberflöten“-Stimmung (lange vor der Oper), indem er Papagenos Melodien quasi vorwegnimmt. Jedes Instrument bekommt solistische Aufgaben innerhalb der Variationen, so auch die Bratsche in der obligatorischen Mollvariation. Möglicherweise spielte Mozart bei der Uraufführung im Dezember 1789, drei Monate nach Vollendung der Partitur am 29. September, selber dieses Solo. Denn in der Kammermusik seiner letzten Lebensjahre bevorzugte der einstige Geiger (und selbstredend immer noch junge Mann) gewöhnlich die Bratsche. Am Ende der vorletzten Variation, eines beseelten Gesanges im Zeitmaß Adagio, versteht es Mozart, in sanft fragenden Akkorden für einige wundervolle Sekunden die Zeit anzuhalten. ... und weiter geht‘s... Die letzte Variation fegt als turbulenter Kehraus durch den Saal.

Bildquellen

Bilder Kühlhaus und Vladimir Jurowski © Peter Meisel

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