Das Entscheidende ist der Saal. Auf den Großen Sendesaal im Haus des Rundfunks, wo alle Proben – und darüber hinaus einige Konzerte stattfinden – lassen die Musikerinnen und Musiker vom RSB nichts kommen.
Susanne Herzog, Stellvertretende Konzertmeisterin, bringt es auf den Punkt: „Das ist ein Saal, der von alleine klingt.“ Was so viel bedeutet wie: Man muss beim Spielen nicht forcieren, muss sich aber auch nicht zurückhalten.
Außerdem hören sich Streicher und Bläser gegenseitig sehr gut. Was will man mehr? Hinzu kommt die elegante Architektur des Saales, verbunden mit der warmen Holzverkleidung der Wände, die auch dem Auge Entspannung bietet.
Die kleinen Probleme im Alltag fallen da nicht allzu sehr ins Gewicht.
Da wären zum einen die „Höhenunterschiede“ zwischen den einzelnen Ebenen der Podeste, die in kaum einem anderen Saal so üppig sind und die Orchestermitglieder in den hinteren Reihen immer zu Kletterpartien zwingen.
Da sind die schwankenden Temperaturen, die trotz Klimaanlage dazu führen, dass es bisweilen schon etwas kalt auf dem Podium ist und mancher lieber mit Weste und Jacke probt. Die Beleuchtung in dem traditionsreichen Saal ist in letzter Zeit optimiert worden – man muss schließlich auch die kleinen Noten gut erkennen können.
Etwas weniger einladend sieht es hinter der Bühne aus. Die fensterlosen Gänge mit den Garderoben, Toiletten und Aufenthaltsräumen sind schmal und niedrig, die Räume selbst knapp. „Wenn wir in richtig großer Besetzung spielen, dann ist es da unten schon echt eng“, meint Bassposaunist Jörg Lehmann. „Aber das ist halt historisch.“ Es gibt gerade einmal zwei große Stimmzimmer – bei weitem nicht genug für 60 oder gar 80 Musiker.
Darüber hinaus findet man dort unten noch zwei kleine „Übe-Kabuffs“, außerdem das Dirigenten- und in Solistenzimmer, die beide ebenfalls sehr bescheiden ausfallen.
Man muss sich halt arrangieren, wie Lehmann es beschreibt: „Wir Posaunen verkrümeln uns zum Einspielen immer ins Foyer.“ Susanne Herzog sieht es wie viele ihrer Kollegen mit den leichtgewichtigeren Instrumenten eher entspannt: „Mit stört das nicht so, weil ich mich sowieso lieber zuhause vorbereite.“ Aber nicht jeder kann sich zuhause einspielen, geschweige denn über mehrere Stunden hinweg üben. Ein Posaunist wie Lehmann ist froh, dass er auch zu diesem Zweck in die Katakomben kommen kann, natürlich nur wenn keine anderen Veranstaltungen beim rbb stattfinden. Es stört dann auch niemanden, wenn man mal den Saal für sich allein benutzt – sozusagen ein Soloauftritt ohne Publikum!
Über Nacht verschwinden die Instrumente dann in den Spinden, besser noch in den großen Instrumentenkisten, die in unmittelbarer Nähe nebeneinander aufgestellt werden.
Allseits bedauert wird, dass die Cafeteria, die dort unten früher ebenfalls zum kleinen Imbiss und Getränken einlud, seit Corona verwaist ist, denn die große Kantine des Hauses wird von allen Beschäftigten des rbb frequentiert und ist in den knappen Pausen oft ziemlich voll.
Dass man sich als Musiker nach den Proben im HdR immer wieder auf andere Säle einstellen muss, ist normal und gehört zur positiven Routine – insbesondere auf Konzertreisen. Dass die Philharmonie im allgemeinen Urteil des Orchesters besser wegkommt als das Konzerthaus mit seiner komplizierten Akustik, dürfte nicht überraschen. Susanne Herzog: „Die Philharmonie ist ein Umstieg, den man gerne macht!“
Beide RSB-Mitglieder haben in jungen Jahren noch im Funkhaus an der Nalepastraße gespielt, bevor das Orchester 1995 in das HdR in der Masurenallee zurückkehrte. Beide Säle seien durchaus ähnlich und optisch gut vergleichbar, meint die Stellvertretende Konzertmeisterin.
Einmalig ist allerdings die amphitheatralische Gestaltung des dortigen „Großen Aufnahmesaal 1“, die sicherlich mit seiner perfekten Akustik beigetragen hat. Nach wie vor nutzen ihn viele große Labels für ihre Aufnahmen. Lehmann erinnert sich besonders gern an die CD „Du bist die Welt für mich“, die das RSB 2014 dort mit Jonas Kaufmann aufnahm. Auch wenn das Mobiliar etwas abgewetzt und auch sonst die Rahmenbedingungen nicht immer optimal waren: Der Tenor zeigte sich begeistert über den Sound – und das RSB genoss das „Heimspiel“ in Oberschöneweide.
Bilder
© Hanna Lippmann
© Peter Meisel
© Funkhaus Nalepastraße