Ultraschall – Festival für neue Musik
Alexey Retinsky
„C-Dur“ für Streichorchester
Elnaz Seyedi
„a mark of our breath“ für Orchester
Olga Rayeva
„Auf dem Meer“ für Knopfakkordeon und großes Orchester
(Uraufführung)
Oscar Bianchi
„Exordium“ für Orchester
Farzia Fallah
„Traces of a Burning Mass“ für Orchester
Vladimir Jurowski
Dirigent
Vladimir Jurowski - Dirigent

Vladimir Jurowski ist seit 2017 Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des RundfunkSinfonieorchesters Berlin (RSB). 2023/2024 setzten seine Konzerte, Tourneen und Aufnahmen die Glanzpunkte der Jubiläumssaison „RSB100“. Sein aktueller Vertrag in Berlin läuft bis 2027. Parallel dazu ist er seit 2021 Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper in München.
Vladimir Jurowski, einer der gefragtesten Dirigenten unserer Zeit, der weltweit für seine innovativen musikalischen Interpretationen und ebenso für sein mutiges künstlerisches Engagement gefeiert wird, wurde 1972 in Moskau geboren und absolvierte den ersten Teil seines Musikstudiums am Music College des Moskauer Konservatoriums. 1990 siedelte er mit seiner Familie nach Deutschland über und setzte seine Studien an den Musikhochschulen in Dresden und Berlin fort. 1995 debütierte er beim irischen Wexford Festival mit Rimski-Korsakows „Mainacht“ und 1996 am Royal Opera House Covent Garden mit „Nabucco“. Anschließend war er Erster Kapellmeister der Komischen Oper Berlin (1997-2001).
Bis 2021 arbeitete Vladimir Jurowski fünfzehn Jahre lang als Chefdirigent des London Philharmonic Orchestra (LPO) und wurde inzwischen zu dessen „Conductor Emeritus“ ernannt. In Großbritannien leitete er von 2001 bis 2013 als Musikdirektor der Glyndebourne Festival Opera eine breite Palette von hochgelobten Produktionen. Seine enge Verbindung zum britische Musikleben wurde im Frühjahr 2024 von König Charles III. dadurch gewürdigt, dass er Vladimir Jurowski zum Honorary Knight Commander of the Most Excellent Order of the British Empire (KBE) ernannte. Im April 2024 kehrte Vladimir Jurowski als Gast nach London zurück, um mit dem LPO in der Royal Festival Hall den konzertanten Aufführungszyklus von Wagners „Ring“ mit der „Götterdämmerung“ zu vollenden.
Ebenfalls bis 2021 war er Künstlerischer Leiter des Staatlichen Akademischen Sinfonieorchesters „Jewgeni Swetlanow“ der Russischen Föderation und Principal Artist des Orchestra of the Age of Enlightenment in Großbritannien, außerdem Künstlerischer Leiter des Internationalen GeorgeEnescu-Festivals in Bukarest. Darüber hinaus arbeitet er seit vielen Jahren mit dem Ensemble unitedberlin zusammen. Die Auftritte in Russland hat Vladimir Jurowski seit Februar 2022 ausgesetzt. Ukrainische Werke sind und bleiben Bestandteil seines Repertoires ebenso wie die Werke russischer Komponisten.
Vladimir Jurowski hat Konzerte der bedeutendsten Orchester Europas und Nordamerikas geleitet, darunter die Berliner, Wiener und New Yorker Philharmoniker, das königliche Concertgebouworchester Amsterdam, das Cleveland und das Philadelphia Orchestra, die Sinfonieorchester Boston und Chicago, das Tonhalle-Orchester Zürich, die Sächsische Staatskapelle Dresden und das Gewandhausorchester Leipzig. Er gastiert regelmäßig bei den Musikfestivals in London, Berlin, Dresden, Luzern, Schleswig-Holstein und Grafenegg. Obwohl Vladimir Jurowski von Spitzenorchestern aus der ganzen Welt als Gastdirigent eingeladen wird, konzentriert er seine Aktivitäten inzwischen auf jenen geographischen Raum, den er unter ökologischem Aspekt mit vertretbarem Aufwand gut erreichen kann.
Die gemeinsamen CD-Aufnahmen von Vladimir Jurowski und dem RSB begannen 2015 mit Alfred Schnittkes Sinfonie Nr. 3. Es folgten Werke von Britten, Hindemith, Strauss, Mahler und erneut Schnittke. Vladimir Jurowski wurde vielfach für seine Leistungen ausgezeichnet, darunter mit zahlreichen internationalen Schallplattenpreisen. 2016 erhielt er aus den Händen des heutigen Königs Charles III. die Ehrendoktorwürde der Royal Philharmonic Society. 2020 wurde Vladimir Jurowskis Tätigkeit als Künstlerischer Leiter des George-Enescu-Festivals vom Rumänischen Präsidenten mit dem Kulturverdienstorden gewürdigt.
Roman Yusipey
Knopfakkordeon
Roman Yusipey - Knopfakkordeon

Der Akkordeonist Roman Yusipey wurde in der ukrainischen Stadt Kherson geboren. Er studierte an der Nationalen Musikakademie in Kiew, an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, an der Folkwang Universität der Künste in Essen sowie an der Hochschule für Musik und Tanz Köln.
Neben Konzerten in der Ukraine und Deutschland, gastierte Roman Yusipey bereits auch in Frankreich, Polen, Niederlanden, Belgien, Litauen, Schweiz, Kasachstan, Malta, Italien und in Japan.
Weiterhin trat er in den letzten Saisons in der Elbphilharmonie Hamburg, der Jenaer Philharmonie, im Concertgebouw Amsterdam, dem Mozarteum Salzburg, der Salle Cortot Paris und beim Radio Berlin-Brandenburg auf.
2013 war er als Gastprofessor beim Kasachischem Nationalkonservatorium in Almaty eingeladen. 2015 hat Roman Yusipey eine CD „For every city – Ukrainische Musik des 21. Jahrhunderts für Akkordeon“ aufgenommen.
Als Solist gab Roman Yusipey über 70 Konzerte mit Kammer- und Sinfonieorchestern unter der Leitung von Andrey Boreyko, Roman Kofman, Raymond Jannsen, Vladimir Sirenko, Gungard Mattes usw. In reger Zusammenarbeit mit zahlreichen zeitgenössischen Komponisten, wie Sofia Gubaidulina, Giya Kancheli, Helmut Zapf, Victoria Poleva, Dmitri Kourliandski, Oleksandr Schetynskyj war er Interpret der Uraufführungen ihrer Werke.
Roman Yusipey ist gern gesehener Gast bei internationalen Festivals. Zudem ist er Teil der Kammermusik-Formation „Ensemble Levante“. Darüber hinaus hat er auch viele eigene Konzertprojekte konzipiert: so z. B. ONLY YOUsipey (Musik der Genreparadoxe), Sieben Tango (Musik von Astor Piazzolla) sowie De Profundius (mit Werken von Sofia Gubaidulina).
Seit Langem arbeitet er ferner als Kolumnist für Feuilletons der ukrainischen und russischen Presse.
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Vladimir Jurowski versteht sich als ein politisch wacher Künstler, der sich einmischt und Stellung zu aktuellen Ereignissen nimmt. So ist auch das Konzert des RSB bei Ultraschall Berlin besonders durch das aktuelle Zeitgeschehen geprägt.
Olga Rayeva: Am Meer
Viele ihrer Kompositionen befassen sich mit dem Thema Meer. Das ist kein Zufall: Ihre frühe Kindheit ist nämlich mit zwei Städten tiefst verbunden: mit Moskau, wo es kein Meer gibt, und mit Mariupol, wo die Eltern ihrer Mutter damals lebten. In Mariupol war sie damals stets sehr glücklich und träumte ihr ganzes Leben davon, eines Tages wieder dort zu sein, in der Nähe des etwas trüben, grünen Asowschen Meeres. Einer Gasse dieser südlichen Stadt entlang würde sie dann zum kleinen Theater gehen…
Jetzt gibt es weder dieses Theater noch die Stadt selbst.
Für Olga ist das eine persönliche Tragödie. Die Ereignisse der letzten Jahre haben sie zu einem großen Teil innerlich zerstört. Und die einzige Möglichkeit für einen Komponisten, mit Trauma umzugehen, ist es, Musik zu schreiben.
Elnaz Seyedi: a mark of our breath
In Elnaz Seyedis Kompositionen finden sich ebenso Einflüsse von Literatur, Architektur oder der bildenden Kunst wie von ihrem Informatikstudium. Die Klänge changieren dabei vielfach zwischen Strenge und Zartheit. Ihr Werk „a mark of our breath“ wurde im Rahmen der Konzertreihe ›Miniaturen der Zeit‹ uraufgeführt – einer Reihe von zwölf kurzen Orchesterstücken, die der Westdeutsche Rundfunk bei verschiedenen Komponist:innen in Auftrag gegeben hat. Sie alle setzen sich mit Themen unserer Zeit auseinander, etwa der Nachhaltigkeit oder der Coronakrise. Elnaz Seyedi selbst schreibt zu a mark of our breath (auf Deutsch etwa »eine Spur unseres Atems«):
»Die Komposition entstand 2021 während eines Aufenthalts im Wendland. Inspiriert vom weiten Blick mit drei Viertel Himmel, der bei jedem Wetter und jeder Tageszeit unterschiedlich, aber eigentlich immer spektakulär ist, und einer Landschaft mit einem reichen Spektrum von Grün und später im Herbst von Gelb. Das Stück beginnt in dieser friedlichen Landschaft, die aber nach und nach von innen zerbricht. Die menschlichen Stimmen – als gleichzeitig gespielt und gesungen in den Blechblasinstrumenten – sind einerseits Teil dieser Landschaft, bereichern sie mit ihrer sehr besonderen Farbe. Ihre Kehrseite ist andererseits die Zerstörung des scheinbar Ursprünglichen.«
Farzia Fallah „Traces of a Burning Mass“ für Orchester
Wie Seyedi, so ist auch Farzia Fallah in Iran geboren. Ihr Orchesterwerk, für das sie den Heidelberger Künstlerinnenpreis erhielt, entstand während der Proteste gegen den gewaltsamen Tod von Mahsa Amini im Polizeigewahrsam im Herbst 2022: musikalische Spuren einer brennenden, wütenden, freiheitsliebenden Masse.
Das Konzert wird an den folgenden Terminen im Radio zu hören sein:
Deutschlandfunk Kultur: 18. Januar 2024, 20:03 Uhr
rbbKultur: 12. März 2024, 23:03 Uhr
Über das Festival:
Das „Ultraschall – Festival für neue Musik“ präsentiert jüngst entstandene Werke in einem musikhistorischen Kontext, der bis zu den Anfängen der Nachkriegs-Avantgarde zurückreicht, also mittlerweile immerhin einen Zeitraum von mehr als 70 Jahren umfasst.
In den letzten Jahren wurden zwar immer häufiger Ur- und Erstaufführungen beim Festival präsentiert, einige der Werke werden auch vom Festival in Auftrag gegeben, dennoch bleibt der Ansatz bestehen: aktuellen Tendenzen der zeitgenössischen Musik einen Raum geben, und zugleich diese aktuellen Produktionen musikgeschichtlichen einzuordnen.