Gedenkkonzert am 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz
Berthold Tuercke
„Aus Geigen Stimmen“ für 53 Geigen, 1 Viola, 1 Violoncello und gemischten Chor mit den aus der Shoah geretteten „Violins of Hope“ des Amnon Weinstein
Texte von Amnon Weinstein, Yankev Glatstein, Abraham Sutzkever und aus dem Tanach (Buber/Rosenzweig), Übertragungen ins Jiddische von Lia Martyn (Auftragswerk des RSB, Uraufführung)
Gideon Klein
Trio für Violine, Viola und Violoncello, bearbeitet als Partita für Streichorchester von Vojtech Saudek
Mieczyslaw Weinberg
Streichquartett Nr. 5 B-Dur op. 27
(Eingerichtet für Streichorchester von Vladimir Jurowski und Steffen Georgi, Erstaufführung)
Vladimir Jurowski
Dirigent
Vladimir Jurowski - Dirigent
Vladimir Jurowski ist seit 2017 Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des RundfunkSinfonieorchesters Berlin (RSB). 2023/2024 setzten seine Konzerte, Tourneen und Aufnahmen die Glanzpunkte der Jubiläumssaison „RSB100“. Sein aktueller Vertrag in Berlin läuft bis 2027. Parallel dazu ist er seit 2021 Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper in München.
Vladimir Jurowski, einer der gefragtesten Dirigenten unserer Zeit, der weltweit für seine innovativen musikalischen Interpretationen und ebenso für sein mutiges künstlerisches Engagement gefeiert wird, wurde 1972 in Moskau geboren und absolvierte den ersten Teil seines Musikstudiums am Music College des Moskauer Konservatoriums. 1990 siedelte er mit seiner Familie nach Deutschland über und setzte seine Studien an den Musikhochschulen in Dresden und Berlin fort. 1995 debütierte er beim irischen Wexford Festival mit Rimski-Korsakows „Mainacht“ und 1996 am Royal Opera House Covent Garden mit „Nabucco“. Anschließend war er Erster Kapellmeister der Komischen Oper Berlin (1997-2001).
Bis 2021 arbeitete Vladimir Jurowski fünfzehn Jahre lang als Chefdirigent des London Philharmonic Orchestra (LPO) und wurde inzwischen zu dessen „Conductor Emeritus“ ernannt. In Großbritannien leitete er von 2001 bis 2013 als Musikdirektor der Glyndebourne Festival Opera eine breite Palette von hochgelobten Produktionen. Seine enge Verbindung zum britische Musikleben wurde im Frühjahr 2024 von König Charles III. dadurch gewürdigt, dass er Vladimir Jurowski zum Honorary Knight Commander of the Most Excellent Order of the British Empire (KBE) ernannte. Im April 2024 kehrte Vladimir Jurowski als Gast nach London zurück, um mit dem LPO in der Royal Festival Hall den konzertanten Aufführungszyklus von Wagners „Ring“ mit der „Götterdämmerung“ zu vollenden.
Ebenfalls bis 2021 war er Künstlerischer Leiter des Staatlichen Akademischen Sinfonieorchesters „Jewgeni Swetlanow“ der Russischen Föderation und Principal Artist des Orchestra of the Age of Enlightenment in Großbritannien, außerdem Künstlerischer Leiter des Internationalen GeorgeEnescu-Festivals in Bukarest. Darüber hinaus arbeitet er seit vielen Jahren mit dem Ensemble unitedberlin zusammen. Die Auftritte in Russland hat Vladimir Jurowski seit Februar 2022 ausgesetzt. Ukrainische Werke sind und bleiben Bestandteil seines Repertoires ebenso wie die Werke russischer Komponisten.
Vladimir Jurowski hat Konzerte der bedeutendsten Orchester Europas und Nordamerikas geleitet, darunter die Berliner, Wiener und New Yorker Philharmoniker, das königliche Concertgebouworchester Amsterdam, das Cleveland und das Philadelphia Orchestra, die Sinfonieorchester Boston und Chicago, das Tonhalle-Orchester Zürich, die Sächsische Staatskapelle Dresden und das Gewandhausorchester Leipzig. Er gastiert regelmäßig bei den Musikfestivals in London, Berlin, Dresden, Luzern, Schleswig-Holstein und Grafenegg. Obwohl Vladimir Jurowski von Spitzenorchestern aus der ganzen Welt als Gastdirigent eingeladen wird, konzentriert er seine Aktivitäten inzwischen auf jenen geographischen Raum, den er unter ökologischem Aspekt mit vertretbarem Aufwand gut erreichen kann.
Die gemeinsamen CD-Aufnahmen von Vladimir Jurowski und dem RSB begannen 2015 mit Alfred Schnittkes Sinfonie Nr. 3. Es folgten Werke von Britten, Hindemith, Strauss, Mahler und erneut Schnittke. Vladimir Jurowski wurde vielfach für seine Leistungen ausgezeichnet, darunter mit zahlreichen internationalen Schallplattenpreisen. 2016 erhielt er aus den Händen des heutigen Königs Charles III. die Ehrendoktorwürde der Royal Philharmonic Society. 2020 wurde Vladimir Jurowskis Tätigkeit als Künstlerischer Leiter des George-Enescu-Festivals vom Rumänischen Präsidenten mit dem Kulturverdienstorden gewürdigt.
RIAS Kammerchor
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Ralf Sochaczewsky
Assistent des Chefdirigenten
Ralf Sochaczewsky - Assistent des Chefdirigenten
Ralf Sochaczewsky erhielt Dirigierunterricht bei Christian Grube und Marc Piollet an der Universität der Künste Berlin. Später studierte er an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Chordirigieren bei Jörg-Peter Weigle und Orchesterdirigieren bei Prof. Reuter.
Er leitet den Berliner Chor Cantus Domus, mit dem er beim Berliner Chorwettbewerb 2017 einen 1. Preis gewann und beim 8. Chorwettbewerb des Deutschen Musikrats in Dortmund einen 3. Preis. Von 1998 bis 2012 dirigierte er den Chor Ensemberlino Vocale und nahm mit ihm erfolgreich an Chorwettbewerben teil (1. Preis beim Chorfest Bremen 2008).
Er arbeitet regelmäßig mit Chören wie dem Berliner Vocalconsort, der Cappella Amsterdam, dem RIAS Kammerchor und dem Berliner Rundfunkchor.
2016 dirigierte er die europäische Erstaufführung des mit dem Pulitzer-Preis 2015 gewürdigten Oratoriums „Anthracite Fields“ von Julia Wolfe mit dem DR Vocalensemble und Bang on a Can-All Stars.
Ralf Sochaczewsky konzertierte mit Orchestern wie dem London Philharmonic Orchestra, dem Konzerthausorchester Berlin, dem National Radio Orchestra Bucarest und dem Kammerorchester der Minsker Philharmonie. Opern dirigierte er am Bolschoi Theater Moskau, der Komischen Oper Berlin, der Opera National du Rhin und der Litauischen Nationaloper.
Ralf Sochaczewsky arbeitete mit verschiedenen Pop-Gruppen und Künstlern wie Stargaze und André de Ridder, Bon Iver, Damien Rice, Lisa Hannigan und Tocotronic zusammen. Mit Cantus Domus ist er regelmäßig bei Festivals wie HaldernPop und KalternPop zu Gast.
Er unterrichtet Chordirigieren an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“. Für seine großen Verdienste um die Berliner Chorszene verlieh ihm der Chorverband Berlin 2017 die Geschwister Mendelssohn Medaille.
Gregor Meyer
Choreinstudierung
Wo Worte nicht hinreichen
An diesem denkwürdigen Tag besteht das Konzertprogramm aus drei Kompositionen, die in besonderer Weise die Musik im Holocaust reflektieren.
Zum ersten Mal erklingt das neue Werk „Aus Geigen Stimmen“ von Berthold Tuercke. Dessen Untertitel „für 53 Geigen, 1 Viola, 1 Violoncello und gemischten Chor mit den aus der Shoah geretteten ‚Violins of Hope‘ des Amnon Weinstein“ bezieht sich auf die geretteten Instrumente, die die israelische Geigenbauerfamilie Weinstein von Holocaust-Opfern zusammengetragen hat. Es sind genau diese Originalinstrumente, die in unserem Konzert von den Musikerinnen und Musikern des RSB und Studierenden der Universität der Künste tatsächlich zum Klingen gebracht werden, während der RIAS Kammerchor mit gesprochenen und gesungenen Texten auf das Schicksal der Instrumente eingeht.
Es folgt das Streichtrio des so hochbegabten wie gezwungenermaßen frühreifen, tschechischen Komponisten Gideon Klein, zu Papier gebracht im September 1944 im Ghetto Theresienstadt, neun Tage vor dem Abtransport des 25-Jährigen nach Auschwitz, wo er im Außenlager Fürstengrube noch am 27. Januar 1945, dem Tag der Befreiung des KZ, sterben musste.
Das Streichquartett Nr. 5 des polnisch-jüdischen Komponisten Mieczysław Weinberg aus dem Jahre 1945 spiegelt nicht die Situation eines Todgeweihten, wohl aber die eines von gewaltsamen Toden in seinem unmittelbaren Umfeld vielfach Gezeichneten. Auf der Flucht Richtung Osten musste der im selben Jahr wie Gideon Klein geborene Musiker 1939 seine jüngere Schwester zurücklassen, weil ihre Schuhe das Weitergehen verhinderten. Sie starb wie Weinbergs Eltern schon bald durch die Nazi-Schergen, ohne dass der Bruder davon Kenntnis erhielt. Das Streichquartett Nr. 5 des engen Mitarbeiters von Dmitri Schostakowitsch, der sich im sicheren Hinterland der Sowjetunion grausam schuldig fühlte vor den unmittelbar vom Krieg Betroffenen, spiegelte all die fürchterlichen Ahnungen und bitteren Gewissheiten. Ein verzweifeltes Hoffen auf eine bessere Welt ist Weinberg bis zu seinem Tod 1996 dennoch nie abhanden gekommen.
Konzertübertragung: Das Konzert wird am 27.01. live auf Deutschlandfunk Kultur übertragen.
Konzerteinführung: 19.10 Uhr, Südfoyer, Steffen Georgi
Ultraschall Berlin – Festival für neue Musik
Ferek-Petric, Katzer, Cvijovic, Mason, Illés
SCHALLBRÜCKEN – mit Sternenhimmelprojektion
Brahms, Adams
Gedenkkonzert am 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz
Tuercke, Klein, Weinberg
Oktett-Kammerkonzert im Theater im Delphi
Svendsen, Mendelssohn Bartholdy